Jochen Paleit (von links) dankte den Referenten Martin Straube und Herbert Nickel. Foto: Mutz Foto: Lahrer Zeitung

Vortragsabend: Experten referieren in Kappel / Mittelfristiges Ziel: 100 Hektar

Kappel. Der Vortragsabend "Wilde Weiden Taubergießen" im Kappeler Rathaus ist gut besucht gewesen. Fachvorträge hielten Bürgermeister Jochen Paleit, der Veterinärmediziner Martin Straube und der Biodiversitätsforscher Herbert Nickel.

"Ich bin völlig platt", stellte Paleit bei der Begrüßung angesichts der rund 80 meist fachkundigen Zuhörer fest. Überrascht war auch Wolfgang Hoffmann, der scheidende Storchenvater, dem Paleit für sein Engagement mit dem Bildband "Himmlische Plätze" dankte. Denn er habe die Störche wieder nach Kappel gebracht.

Rathauschef Paleit gab einen Überblick über die weitere Entwicklung des Projekts "Wilde Weiden". Das etwa 20 Hektar große Gebiet nordwestlich von Kappel bei der Schollenhütte wird seit dem vergangenen Jahr von Salers-Rindern beweidet. Damit sollen auf dem Gelände eine ehemals üppig vorhandene Artenvielfalt wiederhergestellt werden. Gewannnamen wie Gänsweide oder Saukopf weisen auf eine frühere Beweidung hin. Durch verschiedene Maßnahmen habe sich die Landschaft dramatisch verändert. Eine der Folgen sei der Artenschwund. Die Beweidung mit derzeit 26 Salers-Rindern und drei Pferden der Rasse Konik zeige bereits Erfolg. Es bildeten sich andere Landschaften aus, sagte Paleit. Derzeit wird die Fläche nördlich der bestehenden Weide um zehn Hektar erweitert. Die Beweidung soll zukünftig auch in einem Bannwald auf rund 80 Hektar erfolgen. Mit der Schonwaldverordnung stimme auch das Regierungspräsidium dem ambitionierten Vorhaben zu. Das mittelfristige Ziel ist eine Fläche von rund 100 Hektar, auf der Rinder und Pferde die Landschaft offenhalten.

Fledermäuse sind eigentlich niedlich, doch die Hufeisennase ist richtig hässlich, wie Tierarzt Straube seinen Vortrag einleitete. Doch wie andere Fledermausarten sei auch das "Hufi" (Straube) bedroht, denn es fehle an Unterschlupfmöglichkeiten. Sie leben fast nur in Gebäuden. Doch durch den modernen Wohnungsbau fehlten zunehmend Einfluglöcher. Vor 30 Jahren sei die Zahl der "Hufis" geschrumpft, ein "ökologisches Armutszeugnis", so Straube.

Ein sehr düsteres Bild zeichnete der Zoologe Herbert Nickel über den Niedergang des Insektenreichtums auf heimischen Wiesen. Schuld daran sei – zum Erstaunen der Landwirte – die Wiesenmahd. Durch das Mähen der Wiesenlandschaft entstehe eine dauerhafte zoologische Verarmung: "Unsere Wiesen sind tot", so Nickels klare Ansage. Am Beispiel der Zikaden, seinem wissenschaftlichen Spezialgebiet, erläuterte er den Niedergang der Kleinstlebewesen auf den Weiden. Eine historische Weidelandschaft, wie sie seit einem Jahr in Kappel betrieben werde, könne den Artenreichtum der Natur erhalten und fördern.

Zusammenfassend hielt Nickel fest, dass die wilde Weide eine ideale und zugleich machbare Synthese seien, die Kulturlandschaftspflege und Naturschutz mit einbeziehe. Die Mahd hingegen sei kulturhistorisch sehr jung und müsse im Naturschutz zurücktreten. Tiere könnten sich nicht daran anpassen.