Das Frühstück im Wirtshaus, offenkundig nicht gerade eine Leckerei. Foto: Dorn

Probenbesuch beim "Wirtshaus im Spessart" / An manchen Szenen wird noch viel gearbeitet

Es ist 18.30 Uhr. Zum vereinbarten Termin ist Spielleiter Gebhard Kienzler schon inmitten seiner Akteure auf der Bühne, eine komplizierte Verkleidungsszene muss besprochen werden. In welcher Höhe werden die Laken als Sichtschutz gehalten, macht es etwas aus, wenn die Füße sichtbar sind oder sollen sich die beiden doch hinter der Bühne umziehen?

Die Szene scheint sehr wichtig zu sein, alle sind hochkonzentriert, benötigen aber mehrere Anläufe. In der Vorstellung später sollen die Zuschauer erst Zeuge der Verwandlung werden und dann in die Pause gehen.

Der Schichtplan nimmt keine Rücksicht

Dann hat der Spielleiter Zeit für ein kurzes Gespräch. Ja, der Stoff "Wirtshaus im Spessart" sei schon sehr alt, er hatte ihn aber schon lange im Kopf, da dieses Stück mit nur drei Szenen-Orten (Räuberversteck, Schloss des Grafen und eben das Wirtshaus) auskomme und diese drei perfekt zum vorhandenen Bühnenbild der Freilichtbühne am Storenwald passten. Nein, das "Wirtshaus im Spessart" sei kein klassischer Krimi, daher werde es auch als "Abend-" oder "Erwachsenstück" beworben. Ja, die Probenarbeit mit den Schauspielern gestalte sich schwierig. Bei manchen nimmt der Schichtplan keine Rücksicht auf den Probenplan, andere sind neben ihrem Engagement für die Freilichtbühne auch noch weiter ehrenamtlich aktiv. Gerade muss Kienzler auf je eine wichtige Frauen- und Männerrolle verzichten.

Unvermittelt unterbricht der Spielleiter das Gespräch über die Rahmenbedingungen, die Position einer Sitzbank auf der Bühne stimmt nicht, so wie sie jetzt steht wird sie drei Szenen später zum Hindernis werden. Kienzler hat sein Drehbuch perfekt abgespeichert.

19.07 Uhr. Mit wenigen Minuten Verspätung schart der Spielleiter seine 15 Akteure um sich, kurze Lockerungsübungen und eine noch kürzere Ansprache, dann kann die Probe beginnen. Die Räuber, das Wirtspersonal und die feinen Herren zu Hofe verschwinden in den verschiedenen Gebäudeteilen der Freilichtbühne.

19.10 Uhr. Für eine bessere Fotoposition begebe ich mich mitten auf die Bühne, Minuten verstreichen wie Stunden, ein Gefühl wie in einem Sergio-Leone-Western, ein einsamer Wüstenläufer-Strauch weht über die leer gefegte Fläche vor dem "Wirtshaus im Spessart". Geprobt wird die Szene nach der Pause, in den Vorstellungen wird damit die Zeit überbrückt werden bis die letzten Besucher ihre Plätze wieder eingenommen haben. Diese Zeit wird auch jetzt schon geprobt, die Regie überlässt nichts dem Zufall.

Kienzler verlässt seinen Regieplatz und übernimmt den Part eines Schauspielers, der in dieser Probenwoche beruflich durch Schichtarbeit verhindert ist. Das Gespräch dient der Erinnerung an die Geschehnisse unmittelbar vor der Pause. Danach eilt er wieder an seinen Platz und Souffleuse Heike Raith wird für den Rest der Probe die Textstellen des vermeintlichen Räuberrädelsführers Anton sprechen.

Schlaftrunken stolpern die Übernachtungsgäste des Wirtshauses an den Frühstückstisch, das karge Mahl bleibt unangetastet. Kienzler und Raith machen sich eifrig Notizen in ihr Szenenbuch, vielleicht wird diese Szene auch im Blick auf die in der Schlussszene sich abzeichnende Zukunft des Lokals noch weiter aufgepeppt werden. Dann Auftritt der Räuber, hinreißend schon jetzt in den Proben die sich anbahnende Romanze zwischen Räuber August und der Kammerzofe der Gräfin. Manche Szenen könnten so schon morgen gespielt werden.

Bei anderen Szenen schaltet sich Kienzler mit lauter Stimme ein, mal steht jemand falsch, mal könnte man vielleicht doch der Antwort noch eine Geste vorschalten, wieder protokolliert die Souffleuse jede neue Idee.

Dann wechselt die Szenerie. Hauptmann Senfei, der Graf und die junge Hausdame Elvira Schimmelfleck geben ein herrlich schräges Trio, welches in den Vorstellungen seine Lacher sicher haben dürfte. Eingestreut in den Nonsens stellen die drei Komödianten dann plötzlich Bezüge zur aktuellen Politik her, Roland Schwarzwälder alias Hauptmann Senfei gibt in Merkel’schem Sprachduktus und Habitus den perfiden Plan für die Lösung der Entführungskalamitäten bekannt. Gegen 21.45 Uhr später in den Vorstellungen, also zur besten Nachrichtenzeit, wird diese Szene sicher ihre Wirkung nicht verfehlen.

Dann bereiten die drei zum Walkürenritt aus "Apocalypse Now" die Schlacht vor. Kienzler erwägt, Schwarzwälder für diese Szene in ein Napoleon-Kostüm zu stecken. Auch die Kostüme sind noch nicht für alle Szenen final besprochen.

Ein Konjunktiv sorgt für den letzten Lacher

19.59 Uhr. In der letzten Minute der Probe habe dann auch ich meinen Lacher. "Würdest Du mich auch zur Frau nehmen, wenn ich keine Güter besitze?", instinktiv rutscht mir der Konjunktiv "besäße" heraus. Noch ehe ich mich für diesen Kommentar entschuldigen kann, ertönt schallendes Gelächter auf der Bühne und beim Spielleiter. Natürlich hätte ich recht, wie gut dass heute in der Probe doch ein Lehrer auf der Bühne sei, so der Tenor.

Ich freue mich jetzt schon auf die Premiere. Vielleicht schafft es mein Konjunktiv ja tatsächlich in die Aufführung.                                                      

  

INFO

Termine

"Das Wirtshaus im Spessart" auf der Hornberger Freilichtbühne beginnt jeweils um 20 Uhr.

 Freitag, 28. Juli: Premiere

 Freitag, 4. August

 Samstag, 5. August

 Freitag, 11. August

 Samstag, 12. August

 Freitag, 18. August