Hausach hat Wolfgang Hermann vom ersten Augenblick an gefallen. Foto: Reinhard

Gernsbacher Hauptamtsleiter Wolfgang Hermann kandidiert als Bürgermeister. "Weder vernetzt noch verpflichtet."

Hausach - Mit ihm hatte keiner gerechnet: Kurz vor Ende der Frist trudelte eine vierte Bewerbung für das Amt des Bürgermeisters ein. Sie kam von einem "Verwaltungsexperten": Hauptamtsleiter Wolfgang Hermann aus Gernsbach will Manfred Wöhrles Nachfolger werden.

Eigentlich hatte Hermann vor, sich erst im kommenden Jahr als Bürgermeister für eine Kommune zu bewerben. "Freunde, die ebenfalls in der Kommunalpolitik tätig sind, machten mich dann aber auf das Kinzigtal aufmerksam", erzählt Hermann. Er folgte dem Rat, recherchierte ein paar Eckdaten von den Gemeinden, in denen eine Bürgermeisterwahl ansteht und "Hausach fiel mir durch die Kombination aus Industrie, Bildung und Kultur einfach auf", so Hermann. Aber eine Stadt lernt man nicht nur durch Zahlen kennen, also nahm der Hauptamtsleiter Urlaub und machte sich auf ins Kinzigtal, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Mit seiner Familie schaute er sich die Stadt einen Tag lang an.

"Nach unserer Rückkehr nach Hause schaute meine Partnerin mich an und meinte nur: "Du brauchst gar nichts zu sagen. Ich weiß, du nimmst den Wahlkampf auf‹", berichtet Hermann grinsend. Denn sie hatte Recht: Hermann hatte sich definitiv für eine Kandidatur entschieden. Wie er diese Entscheidung getroffen hat, fällt ihm etwas schwer zu erklären: "Das kam aus einer Gefühlslage heraus. Ich denke, so einen Entschluss fasst man ähnlich wie man sich für eine Beziehung zu einem Mann oder einer Frau entscheidet. Man muss sich einfach wohl fühlen."

Leicht fällt es ihm allerdings, aufzuzählen, was ihm bei seinem ersten Besuch in Hausach ins Auge fiel. "Die hübsche Innenstadt, die noch viel Potenzial hat, die alte, schöne Bausubstanz und vor allem das Schulgelände. Da kann man ja schon von einem Schulcampus sprechen. Hausach kann stolz sein mit knapp 6000 Einwohnern so eine Schullandschaft zu haben", sagt der 51-Jährige.

Natürlich sei er sich auch der Probleme bewusst, die es in Hausach gibt. Viele davon, wie Breitbandausbau und demografischer Wandel, sind die, die den ländlichen Raum in Allgemeinen betreffen und die es in dem Ort, den er als Hauptamtsleiter betreut, auch gibt. "Gernsbach hat mit 14 500 zwar mehr Einwohner als Hausach, ist aber trotzdem in vielerlei Hinsicht vergleichbar", meint Hermann. Viele Aspekte und Verbesserungsmöglichkeiten hat er im Gespräch mit den Hausachern kennengelernt. "Gleich nachdem ich meine Bewerbung abgegeben hatte, habe ich hier meine Prospekte verteilt", erzählt er. "Drei Tage lang war ich von morgens bis abends unterwegs und habe mir tatsächlich Blasen an den Füßen geholt."

Bei dieser Tour habe er sehr viele Hausacher kennengelernt, die ihm gegenüber äußerst offen waren. "Damit hatte ich nicht gerechnet", gibt Hermann zu, schließlich sei er ja noch ein Fremder, gewesen.

Dass er kein gebürtiger Hausacher ist, sieht er aber hauptsächlich als Vorteil an. "Ich bin weder vernetzt noch jemandem verpflichtet. Ich kann die Dinge neutral betrachten", fasst er zusammen. Natürlich hätten die einheimischen Bewerber den Vorteil, dass sie die Gegebenheiten besser kennen würden, "aber das hat man schnell gelernt", meint der Gernsbacher selbstbewusst. "Viel wichtiger ist, dass man die Verwaltung und deren Abläufe kennt."

Und das tut Hermann. "Ich will jetzt nicht überkandidelt wirken, aber im Murgtal nennt man mich ›den Verwaltungsexperten‹", sagt er. Dass das nicht übertrieben ist, beweist auch sein Lebenslauf. Er stammt aus einer Handwerkerfamilie und wäre es nach seinem Vater gegangen, hätte auch Hermann in diesem Bereich sein Auskommen gefunden. "Ich bin aber kein Handwerker, mir liegt das Verwalten und Gestalten eher", sagt Hermann. Das sei schon immer irgendwo in seinem Kopf gewesen, aber richtig klar geworden sei ihm das bei einem Ausbildungstest der Telekom. Dort hatte er eine Ausbildung als Fernmeldehandwerker beginnen wollen. Doch der Test ergab eindeutig, dass er in der Verwaltung besser aufgehoben war.

Also absolvierte er eine Verwaltungsausbildung bei der Telekom. Es folgten mehrere Stellen in verschiedenen Stadtverwaltungen, und von Stelle zu Stelle arbeitete er sich ein Stückchen höher. Nach einem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften in Karlsruhe landete er beim kommunalen Versorgungsverband Baden-Württemberg und schließlich bei der Datenzentrale des Landes. "Das war der Wendepunkt. Ich fragte mich: ›Willst du das wirklich? EDV, blanke Theorie?‹" Die Arbeit im Rathaus habe immer viel Spaß gemacht und so entschied er sich schlussendlich für den "Schritt zurück ins Leben", wie eine Zeitung damals titelte. Er begann als Hauptamtsleiter in Gernsbach – mit dem Gedanken, irgendwann irgendwo als Bürgermeister zu kandidieren. "Ich will den Kontakt zu den Menschen, das Gesamtgestalterische", erklärt er seine Motivation.

Und für Hausach hat er so einige Ideen: "Die Innenstadt sollte belebter werden. Das kann schon mit kleinen Dingen, wie beispielsweise der Gestaltung von Brunnen beginnen." Auch ein Parkleitsystem würde Hausach gut tun, findet Hermann. Vor allem aber am Bahnhof müsse sich einiges tun. Das sei zwar Sache der Bahn, "aber dann muss man sie eben dazu bringen, dass sie etwas tut", so Hermann.

Im Falle seiner Wahl freue er sich vor allem auf die Menschen in Hausach, und darauf, mit seiner Familie – seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin – dort leben zu können.

INFO

Die Kandidaten stellen sich vor

Die offizielle Kandidatenvorstellung findet am heutigen Mittwoch, 13. September, stattf. Beginn ist um 19.30 Uhr in der Stadthalle. Jeder Kandidat erhält 15 Minuten Redezeit, danach kann das Publikum jeweils zehn Minuten Fragen stellen. Die Moderation übernimmt Manfred Wöhrle. Die Reihenfolge der Reden entspricht der auf dem Stimmzettel. Die Wahl ist am Sonntag, 24. September.