José Oliver (Mitte) führte mit Gerd Vierkötter und Andreas Krennerich ihr gemeinsames CD-Projekt auf. Foto: Störr

Hausacher José F.A. Oliver präsentiert mit Andreas Krennerich und Gerd Vierkötter gemeinsame CD "Herkunftsstimmen"

In der Buchhandlung Streit ist am Donnerstagabend aus vielschichtigen Klanglandschaften geschöpft worden. Überraschend neu präsentierten sich freie musikalische Fragmente und lyrische Texte, die zu einem Gesamtkunstwerk verschmolzen.

Hausach. "Schreiben ist wie eine Umarmung mit Worten. Mit Musik kann man dieses Gefühl verstärken", sagte Sigrid Bischler zur Begrüßung in der Buchhandlung Streit. Zusammen mit der Stadt Hausach hatte sie den Lyriker José F.A. Oliver sowie die Musiker Andreas Krennerich und Gerd Vierkötter zur Präsentation der gemeinsamen CD "Herkunftsstimmen" eingeladen.

Zur Einführung erzählte Oliver von der vorabendlichen Premiere an der Germersheimer Musikschule, in deren Rahmen einige seiner Gedichte durch Studenten in zwölf Sprachen übersetzt und mit kurzen Filmen szenisch dargestellt worden waren. "Das war eine mutige Deutschlehrerin, die versucht hat, ihre Schüler auf neuen Wegen an moderne Lyrik heranzuführen", befand Oliver.

Mit einem Zeitungsartikel über "Spanien und seine vergessenen Toten" führte er dann ins eigentliche Thema des Abends ein: Der Spanische Bürgerkrieg und die anschließende Franco-Diktatur mit ihren weitreichenden Schrecken. Offiziell werde in Spanien zu den Verbrechen an den Menschen geschwiegen. Doch Völkerrechts- und Kriegsverbrechen würden, so Oliver, nicht verjähren.

"Ich empfinde eine große Hilflosigkeit bei allem, was weltweit passiert", gestand Oliver. Seine eigene Familie sei vom damaligen Bürgerkrieg betroffen gewesen und auch heute gebe es wieder Krieg und Verfolgung. "Die Erlebnisse in den Kriegsjahren sind eine universelle Geschichte", findet der Lyriker.

Eingebettet in den Lautteppich des Abends las Oliver seine Kolumne, die er jüngst für eine türkische Zeitung geschrieben hatte. Dort hieß es unter anderem: "Zwischen Bevormundung und mundtot ist nur ein Katzensprung. Ein unberechenbarer Wildkatzensprung. Oder ist es eine Bestie? Eine gemachte Bestie? Eine von uns gemachte Bestie? Zwischen mundtot und tot lauert der Augenblick ausgefahrener und reißender Krallen."

Im Gespräch mit seinen musikalischen Begleitern Krennerich und Vierkötter stellten diese ihre musikalische Herangehensweise vor. Krennerich erklärte, dass er schon während des Studiums eine neue Art und Weise musikalischer Sprache kennengelernt habe und sich mit Tönen beschäftigt, die es auf den Instrumenten eigentlich gar nicht gibt.

"In der Literatur von José ist etwas, das anregt und eine Resonanz gibt, ganz ähnlich den sogenannten Vierteltönen", beschreibt Krennerich. Für ihn zähle die Ernsthaftigkeit, die Präzision und die Offenheit bei der Musik, die ähnlich wie gelesene Worte durch neue Zusammensetzungen dann neue Empfindungsräume schaffe.

Für den Musiker Vierkötter ist schon immer die Neugierde die treibende Kraft gewesen, die ihn die Vielfalt in der Musik lieben lasse. "Alles was ich jemals an Musik gehört habe, wollte ich auch spielen. Aber mir fehlte beim klassischen Rhythmus die Überraschung", erzählte der Hamburger. In der Zusammenarbeit mit Krennerich sei die Musik "auf den Moment gemünzt", man müsse reagieren und das mache die Improvisation laut Vierkötter so interessant.

Und so verbanden sich anschließend die Texte aus Olivers Zyklus "Holzgefährten" und "Herkunftsstimmen" mit der neuen Musik des Saxofonisten und des Schlagzeugers zu einzigartigen Klanglandschaften. Mit diesen setzten sich die Zuhörer im Nachgang auseinander.

Weitere Informationen: Die gemeinsame CD "Herkunftsstimmen" ist in jeder Buchhandlung unter der Bestellnummer "House-Master Records LC 05699" für 15 Euro erhältlich.