Die "Kellerkinder" Michaela Keller (von links), Thomas Stötzel, Antonio Antonio Clavijo-Keller und Bernhard Keller bei einem ihrer Schnurr-Auftritte Foto: Privat

Schnurren: Die Gruppe "Kellerkinder" zieht zum 30. Mal durch die Hausacher Lokale / Kommunalpolitik ist häufig Thema

Während Antonio Clavijo-Keller durch den dicken Ordner blättert, kichert er immer wieder leise vor sich hin. Auch nach 30 Jahren ist ihm und dem Rest der Gruppe Kellerkinder der Spaß an ihren etwa 120 Schnurren anzumerken. Heute Abend sind sie das 30. Mal dabei.

Hausach. "Kellerkinder" – der Name für ihre Schnurrgruppe lag bei den Nachnamen von Michaela und Bernhard Keller und Antonio Clavijo-Keller nahe. Wie genau die drei vor 30 Jahren zusammenfanden, daran können sie sich allerdings nicht mehr genau erinnern. "Ich glaube, Antonio wollte bei einer anderen Gruppe aufhören und wir wollten mit dem Schnurren anfangen", fasst Michaela Keller zusammen.

Beginn vor 30 Jahren

Und warum wollten sie überhaupt mit dem Schnurren anfangen? Bernhard Keller zuckt mit den Schultern. "Wenn man hier aufwächst, kriegt man das Schnurren ja zwangsläufig irgendwie mit. Und wir haben uns vorgestellt, dass es Spaß macht."

Auch an ihre erste Schnurre erinnern sich die vier nicht mehr so recht – wohl aber an ihre Nervosität. "Und das ist bei mir auch heute noch so", erklärt Michaela Keller. "Ich fände es schlimm, wenn es nicht so wäre. Man baut während der Vorbereitungen ja auch einen gewissen Spannungsbogen auf."

Angesichts der umfangreichen Vorarbeiten wundert das nicht: Bereits vor der Martinisitzung am 11. November findet die erste große Schnurrantensitzung statt. "Da wird erst einmal vorsondiert und diskutiert, wer was macht", erklärt Michaela Keller. "Und zwischen den Jahren geht es dann meistens richtig los." Während bei manchen anderen Schnurrgruppen jeder für sich Texte und Reime erstellt, setzen die Kellerkinder sich zusammen. Dabei haben sie die Devise, dass ein Reim "durchgehen" muss, das heißt sie alle müssen ihn gut finden. "Das hat den Vorteil, dass man sich nicht so schnell verrennt", meint Bernhard Keller. Danach wird immer weiter an Texten gefeilt und eine Melodie herausgesucht, "von der man denkt, dass sie zum Geschriebenen passen könnte", wie Bernhard Keller sagt.

Schwierige Melodien

Das stellt für Musiker Thomas Stötzel, der die Gruppe am Akkordeon begleitet, manchmal eine echte Herausforderung dar. Schließlich spielt man die meisten modernen Pop- und Schlagersongs nicht häufig auf einer Quetsche. Aktuell muss Stötzel aus seinem Instrument beispielsweise "Atemlos durch die Nacht" von Helene Fischer herausholen, genau wie "Einer von 80 Millionen" von Max Giesinger – wofür genau, verraten die Kellerkinder natürlich noch nicht.

Die "Aische"

Aber es ist nicht das erste Mal, dass Stötzel auf seinem Akkordeon eine etwas ungewöhnliche Melodie spielen muss. Gut erinnern sich die Kellerkinder noch an ihre "Aische", bei der sie den französisch-sprachigen Song "Aïcha" aus dem Jahr 1996 nutzten. Aber nicht nur Stötzel stand dabei vor einer Herausforderung. Die Kellers nahmen bei "Aische" ihre türkischen Mitbürger aufs Korn, "und da musste man natürlich Feingefühl an den Tag legen. Es war eine Gratwanderung", sagt Michaela Keller, schließlich wollten sie niemanden beleidigen. Und obwohl sie alle Klischees bedienten, gelang ihnen das. "Wir legen Wert darauf, niemals unter die Gürtellinie zu kommen, nicht geschäftsschädigend oder rufschädigend zu sein", betont Michaela Keller. Auf Themen verzichten müssen sie deswegen ohnehin nicht. Sie finden auch so genug.

Politik als Thema

"Wir kriegen mit, was die Leute erzählen, manchmal rufen sie auch an und berichten oder wir lesen Interessantes in der Zeitung", erzählt Michaela Keller. Dass die Zeitung eine ihrer Quellen ist, hat seinen Grund: Die Kellerkinder greifen gerne kommunalpolitische Themen auf. "Das hat sich so ein bisschen bei uns herauskristallisiert. Die anderen Gruppen machen das einfach nicht so", sagte Bernhard Keller.

Ein weiteres "Markenzeichen" sei – das würden jedenfalls die Zuhörer loben – dass die Kellerkinder sehr strukturierte Geschichten vortrügen, die man sehr gut verstehe. "Aber das schöne am Schnurren ist ja, dass jede Gruppe anders ist und vor allem, dass es keinen Preis gibt", meint Stötzel. Es gibt keinen Wettbewerb unter den Schnurrgruppen, der Spaß steht im Vordergrund." Oder, wie Bernhard Keller grinsend sagt: "Jeder blamiert sich eben, so gut er kann."

Das war auch vor 30 Jahren schon so, auch wenn sich ansonsten viel geändert hat. "Am Anfang haben wir noch an zwei Tagen geschnurrt, und zwar nicht das Gleiche", erinnert Michaela Keller sich. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen."

Doppelt so viele Schnurren haben die Kellerkinder damals noch auf ihrer Schreibmaschine zu Papier gehämmert, heute nutzen sie einen Computer. Auch an die gewünschten Melodien zu kommen, war vor 30 Jahren nicht so einfach wie heute – Youtube gab es noch nicht. "Wir haben einmal beim Radio angerufen und sie um eine Kassette mit einem bestimmten Stück gebeten. Und das haben sie auch gemacht", erinnern die Kellerkinder sich.

Badischer Locher

Bei allem Modernen: Zum Heften ihrer Papiere verwenden die Schnurranten einen alten badischen Locher, der in eine obere Ecke zwei Löcher stanzt, und die dazu passenden Aktenschnüre. "Damit kann man beim Schnurren einfach am besten umblättern", sind sich die Kellerkinder einig.