Héctor Sala (von links), Ulrike Oesterle, Kornelia Buntru, Saskia Hynek, Helmut Hildebrandt Foto: Schwannauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Gesundheit: Selbsthilfe im Kinzigtal soll in einem zweijährigen Projekt enger vernetzt werden

Hausach. Der Austausch mit Mitbetroffenen kann Krankheit oder Probleme lindern – viele suchen diesen in Selbsthilfegruppen und finden dort Verständnis und Mitgefühl. Im Kinzigtal soll jetzt das "selbsthilfefreundliche regionale Netzwerk" entstehen. Dass auch andere alkoholabhängig sind, unter Spielsucht leiden, schwer über den Tod eines nahestehenden Menschen hinwegkommen, eine chronische Krankheit akzeptieren müssen oder aufgrund von Ängsten kaum am Sozialleben teilnehmen, ahnen zwar viele Betroffene solcher Leiden. Doch Rettung bringt häufig der direkte Kontakt mit anderen in einer Gruppe. Dort gibt es Erfahrungsaustausch, Anregungen, Mitgefühl und einfach Kontakt. "Nichtbetroffene können nur bis zu einem bestimmten Punkt Verständnis für das Leiden anderer aufbringen", sagt Héctor Sala von der Kontaktstelle für Selbsthilfegruppen beim Landratsamt in Offenburg, "unter den Betroffenen selbst ist das gegenseitige Verständnis dagegen von vornherein gegeben."

Auch in der Region machen viele von dieser Möglichkeit Gebrauch, und jetzt soll die Idee der Selbsthilfe nach dem Willen der Verantwortlichen von "Gesundes Kinzigtal" bekannter, einfacher und selbstverständlicher werden. Ziel ist eine Zertifizierung als "erstes selbsthilfefreundliches regionales Netzwerk".

Das Projekt läuft über zwei Jahre und beruht auf der Beobachtung, dass immer mehr Menschen Hilfe in der Selbsthilfe suchen: "Es ist ein Run", sagt Héctor Sala. Während der vergangenen drei Jahre habe er 26 Gruppen im Kreis bei der Entstehung begleitet. "Im August habe ich 46 Beratungsgespräche geführt, die Tendenz geht nach oben", so Sala.

Dem Bedarf wollen die Verantwortlichen des Netzwerks "Gesundes Kinzigtal" mit einer Analyse und neuen Strukturen begegnen. Der Erhebung zur Zusammenarbeit von Ärzten, Pflegeeinrichtungen und Selbsthilfegruppen sollen neue Strukturen folgen: So soll es einen Steuerungskreis geben, der die Aktivitäten zur Selbsthilfefreundlichkeit regelt. Außer der Kontaktstelle ist auch das Ortenau Klinikum Wolfach mit im Boot. Die Klinik könne bei Bedarf Räume oder Infrastruktur zur Verfügung stellen, sagt Verwaltungsdirektorin Kornelia Buntru.

227 Selbsthilfegruppen nennt Héctor Sala für den Ortenaukreis, und es könnten noch mehr werden, "denn vor allem psychische Leiden, allen voran Depression aufgrund von Burnout, nehmen nach wie vor zu."

Im Gegensatz zur fachlichen Hilfe seitens der Medizin spielt sich Selbsthilfe auf der emotionalen Ebene ab. Wer mit seinem Leiden den Schritt in eine Gruppe von Mitbetroffenen wage, stoße auf andere, die helfen können, sagt Helmut Hildebrandt, Geschäftsführer bei "Gesundes Kinzigtal". Denn die Betroffenen seien häufig Experten in ihrem Leiden, das über die Spezialkenntnisse mancher Fachleute hinausreiche. So wolle man auch Ärzte erreichen und "sie für das Thema qualifizieren." Selbsthilfe gilt als wertvolle Ergänzung zu medizinischer oder therapeutischer Behandlung. "Entscheidend", so Hildebrandt, "ist das Erleben, dass es andere gibt – das schafft Energie für die nächsten erleichternden Schritte."

Weitere Informationen: Am 16. Oktober findet in Haslach der Selbsthilfetag statt.