Heinz Winkler vor dem Haus der Musik, einem für ihn sehr bedeutenden Platz in Haslach. Es wurde mithilfe der Prinzbach-Stiftung finanziert. Foto: Kleinberger

Scheidender Bürgermeister blickt auf 32 Jahre im Amt zurück. B 33: "permanenter Rückschlag."

Haslach - Heinz Winkler hat die Entwicklung der Stadt Haslach in den vergangenen 32 Jahren maßgeblich geprägt. Am morgigen Mittwoch ist sein letzter Tag im Amt des Bürgermeisters. Zum Abschluss hat er mit dem Schwarzwälder Boten über die Entwicklung der Stadt gesprochen, Erfolge – und welche Entwicklungen ihn im Nachhinein ärgern.

Herr Winkler, erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Tag im Amt?

Gut in Erinnerung ist mir noch, dass am Vorabend vor unserer Wohnung im Eichenbach der Bürgermeistermaien gestellt wurde. Am Abend des ersten Tags wurde ich in einer Ratssitzung in mein Amt verpflichtet. Damals war der Ratssaal noch drüben im Kaufhaus. Anschließend wurde in einem Lokal gefeiert.

Wie wird Ihr erster freier Tag aussehen?

In der Vorbereitung auf eine kleine Reise nach Berlin. Wir fahren am Pfingstsonntag zum Deutschen Turnfest. Da hat unsere Tochter einen Auftrag für eine Choreografie im Eröffnungsprogramm. Ansonsten wird es ein spannendes Hineinfinden in einen Tag, ohne zu einer bestimmten Uhrzeit irgendwo sein zu müssen.

Freut sich Ihre Frau denn schon, dass sie Sie jetzt öfter und länger zu Hause hat?

Sie freut sich natürlich, aber es ist für uns beide eine spannende Phase, wie wir jetzt zu einander finden, den ganzen Tag über. (lacht) Auf jeden Fall werde ich – wetterunabhängig – das Schwimmbad besuchen. Ich bin ein Mensch, der relativ früh wach wird. Frühschwimmen ist dann schon wie eine Art Urlaubsstimmung.

In mehr als drei Jahrzehnten als Haslachs Bürgermeister haben Sie sicher Einiges erlebt. Was war die kurioseste Geschichte?

Kurios war für mich, wie 1998 das Ergebnis der Bürgerabstimmung zum Rathausstandort zustande gekommen ist. Ich habe zusammen mit den Fraktionsvorsitzenden die Briefwähler ausgezählt und da lag der Fürstenberger Hof deutlich vorne. Für mich als Befürworter des alten Rathausstandorts war das eine Stunde lang die Hölle. Erst die Ergebnisse der anderen Stimmbezirke brachten dann die Wende und für mich noch einen glücklichen Ausgang des Wahlabends. Ich glaube, dass heute auch die damaligen Befürworter des Fürstenberger Hofs mit der heutigen Lösung zufrieden sein können. Die Rathaussanierung wurde ohne Kreditaufnahmen finanziert und ist auch architektonisch und funktional gelungen. Es macht richtig Freude, in dieses Gebäude hineinzugehen. Es ist hell, lichtdurchflutet, transparent und beim Fasentspiel am Schmutzigen auch bühnentauglich. Das Bürgermeisterzimmer ist von der Lage her wahrscheinlich das schönste Büro in Haslach. Dieses schöne Büro und der Blick auf den Markplatz werden mir fehlen.

Woran erinnern Sie sich denn noch gern zurück?

An eine sehr erfolgreiche Stadtsanierung. Unser Städtle ist ein Juwel geworden mit einer tollen Atmosphäre. Und die Nachbesserung beim Pflaster wird kommen. Der Gehstreifen aus Platten ist auf der Agenda. Auch ist es uns in Haslach gelungen, die wichtige Infrastruktur in Zentren zusammenzufassen: Sozialzentrum, "Blaulichtfraktion" mit Feuerwehr, Polizei und DRK, Sportzentrum, Schule, Kindergarten, Lebensmittelmärkte und so weiter. Ich erinnere mich auch gerne an wunderschöne Feste, die Haslach gefeiert hat. 1989 beispielsweise den 150. Geburtstag von Hansjakob. Das war wunderbar. Oder das badische Trachtenfest. Oder aber auch – von der Zunft organisiert – die Fasentspiele, wo insbesondere auch Alois Krafczyk sehr große Verdienste hatte. Das waren natürlich Höhepunkte im Laufe dieser Zeit. Was mich außerdem tief beeindruckt hat und freut, ist, wie es Haslach gelungen ist, dass eine Moschee entstehen konnte.

Inwiefern?

So ein Prozess hätte ganz anders laufen können. Aber da haben unsere beiden Stadtpfarrer, evangelisch wie katholisch, eine ganz herausragende vermittelnde Rolle gespielt. Da ist einfach Substanz da, Andersdenkende und Andersgläubige zu respektieren.

Das war doch bei Ihnen auch so: Sie waren ein evangelischer Kandidat.

Die Pfarrer damals waren von der evangelischen Seite Martin Renner und der katholische Geistliche Alfred Behr, der spätere Ehrenbürger der Stadt. Denen habe ich wesentlich zu verdanken, dass in dieser Stadt ein Klima der Verständigung und der Akzeptanz über die eigene Konfession hinaus herrschte. Vielleicht wäre es Jahre vorher nicht möglich gewesen, dass in dieser damals doch zu 70 Prozent katholischen Stadt ein evangelischer Schwabe Bürgermeister wird. (lacht) Gut, nun kam ich ein bisschen verdeckt, vom Badischen her, aus Bad Krozingen.

Sie haben sich den Haslachern quasi untergejubelt.

Also, man bemüht sich in einer solchen Phase natürlich, nicht im breitesten Schwäbisch zu sprechen. (lacht)

Gibt es irgendwas, woran Sie nicht so gerne zurückdenken?

Natürlich gab es auch Rückschläge. Die B 33 war immer ein permanenter Rückschlag. Wir hatten von Anfang an gesagt, dass wir die Planung so nicht akzeptieren, so wird es mit uns keine oberirdische Straße geben. All die Jahre des Kampfs und der Verbesserungsvorschläge. Als hätte man immer wieder auf Granit gebissen. Überraschend: Jetzt endlich einmal kommt man der Stadt entgegen. Und das bei Forderungen, die bis ins vorige Jahr hinein noch abgelehnt wurden.

Ärgert es Sie, dass es so lange gedauert hat?

Natürlich ärgert’s mich. Aber lieber dauert es noch ein, zwei Jahre länger und wir haben eine ordentliche Lösung, als schnell eine Straße zu bauen, mit der diese Stadt nicht gut leben kann. Es ist in erster Linie eine Umgehungsstraße für die Region. Natürlich ist es auch für uns gut, wenn wir wieder aus unseren Nebenstraßen gut heraus kommen auf die B 33. Und es ist für unser Image gut, wenn man nicht mehr im Stau steht vor Haslach. Es bedarf noch einiger Zeit, bis eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es jetzt mal in die richtige Richtung geht.

Was würden Sie als größten Erfolg Ihrer Amtszeit bezeichnen?

Das Klima, in dem ich arbeiten kann. Ich habe mich noch auf jede Stadtratssitzung in diesen mehr als 30 Jahren gefreut. All die Jahre war es eine große Erfüllung für mich, ins Rathaus zu gehen und mit den Menschen Kontakt zu haben und an den Projekten zu arbeiten. Aber auch, was die Bürger betrifft. Da komme ich nochmal auf die Standortfrage beim Rathaus zurück. Natürlich haben wir gekämpft, uns verletzt, teilweise sind Freundschaften zerbrochen. Aber als die Abstimmung rum war, war die Entscheidung da – und die Akzeptanz dieser Entscheidung auch auf der anderen Seite, die mit 48 Prozent verloren hatte. Es ist eigentlich der größte Erfolg, dass in dieser langen Zeit nichts passiert ist, was uns unversöhnlich auseinander gebracht hat.

Gibt es aus Ihrer Amtszeit etwas, was Sie bereuen?

Ich bin sicher, ich habe auch Menschen verletzt: Mit meinen Entscheidungen, Handlungen, wie auch immer, ohne dass ich es jetzt weiß oder es mir auf den Kopf zugesagt worden ist. Das bereue ich, ohne mich vielleicht konkret erinnern zu können. Es tut mir leid, wenn das passiert ist, in diesen 32 Jahren. Aber dass ich jetzt eine kommunalpolitische Entwicklung bereuen würde, nein.

Was hat Sie an Haslach am meisten verblüfft?

Wie es den Menschen hier gelungen ist, ein richtig kraftvolles Städtle zu haben. Mit einem gut sortierten Handel und einem ebenso guten Mix an Betrieben. Die Kraft, das Engagement und was daraus erwachsen kann. Dass das in einer Stadt solcher Größenordnung möglich ist. Wir haben außerdem ein fantastisches kollegiales und nachbarschaftliches Verhältnis zu den Kommunen drumherum.

War Bürgermeister zu sein Ihr Lebenstraum?

Die Berufsentscheidung war für mich etwas Quälendes. Ich habe unter der Entscheidung, was ich werden soll, wirklich gelitten. Als die Richtung dann bestimmt war und ich verspürt habe, in der Schiene kommst du ganz gut zurecht, da ist schon der Wunsch entstanden, die Dinge auch mal verantwortlich ganz vorne dran zu gestalten. Dass das in Haslach gelungen ist, ist wirklich ein Traum. Für mich ist Haslach aber nie nur der Arbeitsplatz gewesen. Wir leben hier. Das ist unsere Heimat. Unsere richtig lieb gewonnene Heimat.

Was machen Sie denn jetzt, wenn Sie nicht mehr Bürgermeister sind?

Ich freue mich auf unendlich viel freie Zeit. Ich werde mich nicht sofort in das nächste Projekt stürzen, ich schaue mir erst mal diesen Sommer an.  

Veröffentlichung

Heinz Winkler war mehr als 30 Jahre lang Bürgermeister der Stadt Haslach. Am Mittwoch ist sein letzter Tag im Amt. Aus diesem Anlass wird es im Schwarzwälder Boten eine Sonderveröffentlichung geben.