Der Bürgermeister-Kandidat Martin Haas wirbt mit Uni-Abschlüssen, die er mutmaßlich gar nie erworben hat. Foto: Gräff

Anzeige gegen Haslachs Kandidat Martin Haas wegen Verdachts auf Titel-Missbrauch

Der Haslacher Bürgermeister-Kandidat Martin Haas steht im Verdacht, bei seiner Bewerbung unrechtmäßig Universitätsabschlüsse als Qualifikation angegeben zu haben. Gegen ihn wurde jetzt Anzeige erstattet.

Haslach/Wolfach. Der Wolfacher Bürgermeisterkandidat Martin Haas (55) sieht sich dem handfesten Vorwurf ausgesetzt, bei der Bewerbung um den Posten des Haslacher Rathauschefs unrechtmäßig Universitätsabschlüsse als Qualifikation für dieses Amt angegeben zu haben. Haas hat die strittigen Uni-Abschlüsse zuletzt bei der öffentlichen Kandidaten-Vorstellung der Stadt diese Woche vor 900 Zuhörern angegeben. Auch auf seinem Wahl-Flugblatt stehen sie ausdrücklich vermerkt. Jetzt liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft Offenburg.

> Das ist der Vorwurf:  Bewerber Martin Haas gibt an, an der Fern-Universität Hagen in Nordrhein-Westfalen einen Abschluss als Diplom-Verwaltungsfachwirt sowie Diplom-Manager abgeschlossen zu haben. Er habe nach seinen Angaben zwischen 2006 und 2012 an der Fern-Uni studiert.

> Das sagt Martin Haas: Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten erklärt der Kandidat, dass er diese beiden Studiengänge tatsächlich absolviert habe. Er habe das Fernstudium klassisch verfolgt und die Unterlagen stets an die Uni mit Sitz in Hagen geschickt. Die Kosten des Studiums kann Haas nach seinen Angaben nicht nennen, denn kein Geringerer als der frühere US-Präsident Barack Obama habe diese Kosten für ihn beglichen. Der sei Mitglied seines Fanclubs, erklärt Haas.

> Das sagt die Universität: "Die Studiengänge, beziehungsweise Abschlüsse Diplom-Verwaltungsfachwirt und Diplom-Management sind der Fern-Universität in Hagen unbekannt, auch rückblickend auf die Jahre 2006 bis 2012", erklärt Uni-Pressesprecher Gerd Dapprich auf Nachfrage unserer Zeitung. Gleiches gelte auch für das Hagener Institut für Managementstudien und das Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Weiterbildung, die beide mit der Fern-Universität im Weiterbildungsbereich verbunden sind. 

> Wo sind die Abschlüsse? Haas beteuert, die Abschlüsse zu haben, die Uni erklärt, es könne sie gar nicht geben. Wo sind also die ominösen Diplome? "In meiner früheren Wohnung in Wolfach, die ist aber versiegelt und ich komme nicht hinein", erklärt Haas. Tatsache ist: Die Wohnung ist nicht versiegelt. Das ergab ein Besuch unserer Redaktion in Wolfach. Bei seinen Behauptungen, die Uni-Abschlüsse zu besitzen, bleibt Haas ausdrücklich, räumt aber ein: "Da ist etwas schiefgelaufen".

> Die Anzeige: Nach Informationen unserer Redaktion hat ein Privatmann Anzeige gegen Martin Haas gestellt, um den Vorwurf des möglicherweise unrechtmäßigen Verwendens von falschen Berufsangaben zu klären. Der Fall liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft. Dort war gestern keine nähere Stellungnahme zum Fall Haas zu erhalten. Wer in Deutschland Berufsbezeichnungen und Titel missbräuchlich verwendet, macht sich strafbar. Geldstrafen oder gar Haft bis zu einem Jahr drohen.

> Das sagt die Stadt: "Die Berufsbezeichnungen, die auf den Wahlzetteln stehen, sind mit den Kandidaten abgeklärt", erklärt Haslachs Hauptamtsleiter Adrian Ritter auf Anfrage unserer Zeitung. In Haas’ Fall wird sein Beruf als Lagerist angegeben. Auf die Angabe seiner Titel verzichten Haas und die Stadt Haslach. Diese Entscheidung fiel jedoch bereits vor der Anzeige.  

> Hat die Anzeige Einfluss auf Haas’ Wählbarkeit? Diese Frage ließ sich bis Redaktionsschluss nicht klären. Anfragen bei der Stadt Haslach und bei der Kommunalaufsicht ergaben jedoch die Einschätzung, dass Haas auch nach der Anzeige weiterhin als Bürgermeisterkandidat in Haslach antreten kann.

> Hier war Haas schon aktiv: Bei der Bürgermeisterwahl in Wolfach im Oktober 2014 war Haas einer von zwölf Kandidaten. Damals machte er den Schuldenabbau zu seinem großen Thema. Am Ende erhielt er zwölf von 3000 gültigen Stimmen. In Zell a.H. versuchte er es 2015 erneut, versprach Wohlstand und kam auf 0,26 Prozent der Wählerstimmen. Ebenfalls 2015 wählten die Oberwolfacher einen neuen Bürgermeister – unter den Kandidaten war wiederum Martin Haas. Der gebürtige Oberwolfacher sah damals besonders in der Nahversorgung Defizite. Er scheiterte mit 0,18 Prozent der Stimmen – ganze drei Bürger gaben ihm damals ihr Votum. Das hielt ihn nicht davon ab, im vergangenen Jahr um das Amt in Fischerbach zu kandidieren. Damals erreichte er 0,35 Prozent der Wählerstimmen. Bei dieser Wahl hatte er ebenfalls angegeben, ein Diplom im Management und als Verwaltungsfachwirt erworben zu haben.

INFO

Die Fern-Uni

Die Fern-Universität Hagen (Nordrhein-Westfalen) ist die einzige staatliche Fern-Universität Deutschlands und nach Angaben des statistischen Bundesamts mit rund 76 000 eingeschriebenen Studenten im Wintersemester 2016/2017 die größte Universität Deutschlands. An der Fern-Uni ist der Erwerb von Bachelor- und Master-Titeln möglich. Die Diplomstudiengänge laufen zum Wintersemester 2019/2020 aus. Zum Angebot der Universität gehören außerdem Weiterbildungen.