Ein Andenken an die Zeit in Rio: Die Plakette, die Geiger in Händen hält, haben alle Teilnehmer bekommen. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder-Bote

Interview: Präsident des DTTB blickt auf Spiele in Rio zurück

Haslach. Die olympischen Spiele in Rio sind Geschichte, die Sportler kehren nach Deutschland zurück. Auch Michael Geiger, Präsident des deutschen Tischtennisbunds (DTTB), ist in die Heimat zurückgekehrt. Im Gespräch mit dem SchwaBo blickt er auf die Spiele zurück.

Sie steigen gleich wieder in den deutschen Alltag ein. Wie schwer fällt Ihnen das?

Das fällt mir relativ leicht. Ich bin es gewohnt, in verschiedenen Bereichen gefordert zu sein und diese Bereiche teilweise gleichzeitig oder eben direkt nacheinander zu bearbeiten. Olympia ist natürlich etwas ganz Besonderes, ich freue mich aber auch wieder auf die Herausforderungen und das Miteinander in meiner Kanzlei und im DTTB.

Mit welchen Hoffnungen sind Sie nach Brasilien geflogen und welche haben sich erfüllt?

Ich hatte gehofft, dass unsere Spieler körperlich fit nach Rio kommen und die Spiele auch gesund bestreiten können. Darüber hinaus hatte ich gehofft, dass möglichst alle ihre Bestleistung abrufen können und dass wir ein bis zwei Medaillen erzielen können. Bis auf Timo Boll, dem ein Nackenwirbel heraussprang, sind alle gesund geblieben und die Teams haben zwei Medaillen mit nach Hause genommen. Zudem hatte ich natürlich auf friedliche Spiel gehofft, was sich ebenfalls erfüllt hat.

Welches Erlebnis werden Sie Ihren Enkeln erzählen?

Noch habe ich keine Enkel, aber sollte ich mal welche haben, würde ich Ihnen gerne von der Eröffnungsfeier erzählen, bei der Timo Boll die deutsche Olympiamannschaft als Fahnenträger ins Maracanastadion führen durfte. Und dann natürlich vom mehr als vierstündigen Halbfinalmatch unserer Damen gegen Japan, das im fünften Satz beim Spielstand von 10:9 durch einen Kantenball entschieden wurde und uns eine bislang nie dagewesenen Silbermedaille für unsere Damen bescherte.

Glauben Sie, dass Timo Boll 2020 wieder dabei sein wird? Wie geht es bei ihm weiter?

Ich kann mir das durchaus vorstellen. Es wird viel davon abhängen, ob er gesund bleibt. Er hatte in letzter Zeit doch die eine oder andere Verletzung. Wenn er gesund bleibt, bin ich mir ziemlich sicher, dass er auch 2020 ein wertvolles Mitglied unseres Teams sein wird. Immerhin ist er aktuell noch die Nummer 13 der Welt. Sein Nahziel ist aber sicher unsere Tischtennis-Weltmeisterschaft im Mai und Juni 2017 in Düsseldorf, wo er Heimvorteil genießt und Publikumsliebling ist.

Was waren neben dem Tischtennis für Sie die aufregendsten Sportarten beziehungsweise Matches?

Ich war beim Beachvolleyball, Handball, Kanuslalom, Rudern und Geräteturnen. Kurz reingeschaut habe ich beim Badminton, Gewichtheben und Boxen, die wie wir auch im Riocentro, einem Messezentrum, untergebracht waren. Alle Sportarten und Arenen hatten ihre Reize, besonders gefallen haben mir aber die Nachtsession im Beachvolleyballstadion an der Copacabana und der Mehrkampf im Geräteturnen. Aber auch das Handballspiel der deutschen Mannschaft gegen Schweden und das Finale unseres Ruderachters waren tolle Erlebnisse. Leider habe ich keine Goldmedaille für die deutsche Olympiamannschaft in den Stadien live miterleben können. Gerne hätte ich die Nationalhymne mitgesungen. Umso mehr habe ich mich aber gefreut, die Sportler im Deutschen Haus feiern zu können, insbesondere Fabian Hambüchen, der auch im gleichen Flieger wie wir zurückflog.

Ihr Fazit für die olympischen Spiele 2016?

Die Spiele als Funktionär mitzuerleben war eine besondere Herausforderung, aber auch ein besonderes Erlebnis. Man ist mental sehr angespannt, weil von den Ergebnissen bei olympischen Spielen auch die Stimmung im Verband abhängt. Der Leistungssport ist ein wichtiger Teil des DTTB und Olympia ist alle vier Jahre der große Gradmesser. Und auch, wenn man als Präsident keinen direkten Einfluss hat, so ist man doch für die Ergebnisse mitverantwortlich. Deshalb bin ich sehr froh, dass unsere Sportler nach mäßigem Beginn in den Einzeln in der Mannschaft so hervorragend abgeschnitten haben. Insgesamt kann man auch mit dem Abschneiden der deutschen Olympiamannschaft sehr zufrieden sein. Einzelne Sportarten mit vielen Wettbewerben allerdings nicht. Da kann ich mit meinen Präsidentenkollegen mitfühlen, in deren Haut ich nicht stecken wollte. Bei den Wettbewerben wurde allerdings herausragender Sport geboten. Dadurch konnte sich der Sport den begeisterungsfähigen Zuschauern vor Ort und in den Medien hervorragend präsentieren. Die Bedingungen in der Halle waren für die Sportler gut. Die Unterbringung im olympischen Dorf war in Ordnung, auch wenn sie im Vergleich zu anderen olympischen Spielen vielleicht keinen Platz auf dem Podest belegt. Man muss sich aber immer auch im Klaren sein, wie die Bevölkerung des Gastgeberlandes lebt und kann nicht immer mitteleuropäische Maßstäbe erwarten. Der öffentliche Transport mit Metro und Bussen hat wesentlich besser funktioniert als das vielfach erwartet wurde. Der Transport mit Pkw-Shuttles war jedoch suboptimal. Sehr gut hatte man die Sicherheit im Griff und Mücken bin ich lediglich ab und an in der Halle begegnet. Bei allen organisatorischen und sportpolitischen Themen bleibt aber vor allem eines: Die tolle Gemeinschaft der Sportler, die alle auf dieses eine Ziel hinarbeiten, und die Erinnerung an die Traumstadt Rio de Janeiro.  

Die Fragen stellte Charlotte Reinhard.