Bereichslehrerin Christiane Schirra aus Rastatt unterstützt Klara Georgina Nock beim Lernen. Zusätzlich gibt es Lern-Telefonate, wenn sie nicht vor Ort sein kann. Foto: Störr

Auf Zirkuskinder kommen bis zu 40 Schulwechsel im Jahr zu / Tagebuch als wichtigstes Gut

In Deutschland gilt die Schulpflicht für alle Kinder gleichermaßen. Für diejenigen beruflich reisender Eltern gestaltet sich der Schulbesuch allerdings anders als üblich.

Haslach. Klara Georgina Nock aus dem gleichnamigen Familienzirkus besucht derzeit das Haslacher Bildungszentrum. Eigentlich gibt es für die achtjährige Klara nichts Schöneres, als Varieté-Nummern einzuüben und sich ständig neue Kunststücke anzutrainieren. Doch auch sie muss die Schule besuchen, an manchen Orten nur für wenige Tage.

Das bedeutet für Klara ständige Schulwechsel, neue Lehrkräfte, neue Mitschüler – aber auch unterschiedliche pädagogische Konzepte, Unterrichtsmethoden und Unterrichtsinhalte. Kontinuierliches Lernen gestaltet sich da schwierig, Auf- und Abbau sowie Reisetage verkürzen die Lernzeit zusätzlich. Umso wichtiger ist eine gute Begleitung und Unterstützung für Klara und alle anderen Kinder beruflich reisender Eltern.

Eingeschult wurde Klara in ihrer sogenannten Stammschule in Ballrechten-Dottigen (Breisgau), wo alle schulischen Fäden zusammenlaufen. Während der Zirkussaison besucht sie dann die "Stützpunktschule" am jeweiligen Spielort der Familie, in das sie ihr Schultagebuch mitnimmt.

Das Schultagebuch garantiert eine Überschaubarkeit und eine Kontinuität in der Schulbildung, denn zum einen enthält es Klaras individuellen Lernplan für Mathe, Deutsch und eine erste Fremdsprache und außerdem dient es der Kommunikation und Dokumentation. Jede besuchte Schule trägt die absolvierten Unterrichtstage und eine Rückmeldung in das Schultagebuch ein und übermittelt diese zeitgleich auch an die Stammschule.

Von Worms bis nach Berghaupten – und nun Haslach

Die Liste der besuchten Schulen ist ordentlich, von Worms über Schutterwald, Berghaupten, Biberach und Zell bis jetzt nach Haslach reichen die entsprechenden Lernstandsberichte. Die benötigten Schulbücher und Lernmaterialien hat Klara von ihrer Stammschule in Ballrechten-Dottingen bekommen, Bereichslehrerin Christiane Schirra aus Rastatt unterstützt sie jetzt zusätzlich.

Lange Zeit still zu sitzen zählt nicht gerade zu den Stärken des Zirkuskinds, dessen Fähigkeiten dafür in Alltagskompetenzen stark ausgeprägt sind.

"Für Klara erproben wir eine Zwischenlösung mit wöchentlichen Lern-Telefonaten, weil ich nicht ganz so oft vor Ort sein kann", erklärt die Lehrerin gegenüber dem SchwaBo. Sie unterrichtet eigentlich an einer Förderschule in Rastatt und betreut mit elf weiteren Bereichslehrern in Baden-Württemberg Kinder von beruflich reisenden Eltern.

Jeder Bereichslehrer sei dabei einem Regierungsbezirk zugeordnet. "Es geht um die individuelle Förderung. Je nachdem, wie viel gereist wird, besuchen die Kinder bis zu 40 verschiedene Schulen im Jahr", erklärt Schirra.

Den Bildungsauftrag gelte es zu erfüllen, der Einsatz von Laptops habe sich als hilfreich erwiesen. Spezielle Lernsoftware unterstütze die Kinder, die Lerntelefonate seien eine weitere Unterstützung. "Und natürlich das gemeinsame Lernen mit den Kindern." Das ist auch das Stichwort für Klara, die an diesem Vormittag zusammen mit Christiane Schirra am Küchentisch Verben und Subjekte liest, einteilt, abschreibt und farblich markiert.

In der Vergangenheit gab es weniger Unterstützung

Währenddessen erzählt Zirkusvater Manuel Schickler aus seiner eigenen Schulzeit. "Bei uns hieß es in der Schule immer: ›Kinder vom Zirkus? Setz dich hin und mal was, du bis ja nur drei Tage da.‹ Wir mussten uns dann so viele Dinge selbst beibringen."

Auch Mutter Joanna Nock sagt: "Es ist gut, dass heute so auf den Schulbesuch und die Bildung geachtet wird." Auch wenn sich viele Dinge schwierig gestalten würden, sei es wichtig, dass die Kinder vorankämen.