Unterm Tannenbaum feiert die Familie – auch wenn Stimmung nicht so recht aufkommt. Foto: Störr Foto: Schwarzwälder-Bote

Familie feiert Weihnachten im Notquartier an der Bundesstraße / Bescherung mit Stirnrunzeln

Weihnachten ist in vielen Familien die Zeit des Kerzenscheins und Plätzchendufts, des Tannengrüns, des gemeinsamen Kirchgangs und der Geschenke. Wie das in einem Zirkus läuft, erzählt die in Haslach gestrandete Familie des kleinen Zirkus Nock gegenüber dem SchwaBo.

Haslach. "Eigentlich wären wir jetzt im Winterquartier – und eigentlich würden wir jetzt in Schulen, Seniorenheimen oder Kindergärten spielen und Projektwochen für Kinder anbieten", beginnt Joanna Nock. Dass in diesem Jahr alles ganz anders ist, habe verschiedene Gründe. Zum einen sei da die Selbstständigkeit, in die sie sich mit ihrem Varieté-Zirkus im Mai dieses Jahres gewagt hatten. Dann habe der Unfall ihres Mannes Manuel das Leben der Familie Mitte Juli völlig durcheinandergewirbelt und jetzt würden sie wohl zwischen der Bundesstraße und den Bahngleisen überwintern müssen. "Das heißt, wir werden hier auch Weihnachten feiern", blickt die Zirkuschefin voraus.

"Den Kopf hängen lassen geht gar nicht", bekräftigt Manuel Schickler, der nach neuesten neurologischen Untersuchungen auf Klärung der Befunde wartet. Um den Kindern Sheila, Diego, Klara und Santana trotzdem eine schöne Zeit bis Weihnachten zu bereiten, gibt es auch für sie einen Adventskalender. Wie das bei vielen Kindern der Fall ist, wird der Kalender schon lange vor Heiligabend keine Schokostückchen mehr enthalten. "Da haben wir so unsere Erfahrung", sind sich Joanna Nock und Manuel Schickler lachend einig.

Einzig Baby Lilly interessiert sich herzlich wenig für die vorweihnachtliche Zeit, den Adventsschmuck und die Lichterkette im Wohnwagen oder den Tannenbaum draußen vor der Tür. Ihr sind die rosarote Kuscheldecke und ein wenig Ruhe nach dem Essen sehr viel lieber, obwohl das gar nicht so einfach ist. Im großen Wohnwagen sind das Badezimmer, das Kinderzimmer und die Wohnküche untergebracht. Hier werden vor Weihnachten die Plätzchen gebacken und auch der kleine Weihnachtsbaum wird seinen Platz zwischen Ofen und Fenster finden.

"Heiligabend ziehen wir uns dann alle besonders festlich an, essen gemeinsam, singen Weihnachtslieder und dann sollte eigentlich die Bescherung kommen", erzählt Joanna Nock und wird nachdenklich. Sie würde sich das Geld für Geschenke nämlich gerne durch Vorstellungen verdienen.

Die Kinder erzählen unbekümmert von ihren Wünschen, die der Weihnachtsmann ihnen erfüllen soll. Manuel Schickler erzählt den Kindern indes von alten Familientraditionen, obwohl es im Zirkus Nock keine Tiere gibt. "Bei uns war es Sitte, dass auf dem Stall der Tiere ein Weihnachtsbaum aufgestellt wurde. Die Tiere wurden abends noch einmal gefüttert und am heiligen Abend durfte dann ab 18 Uhr niemand mehr in den Stall gehen. Da hat unser Opa ganz großen Wert darauf gelegt, das war die Besonderheit der Heiligen Nacht."

Eine ganz lebendige Tradition alter Zirkusfamilien ist das Essen am ersten Weihnachtstag – das wohl bei vielen anderen Familien auch auf dem Tisch stehen wird: Gebratene Gans mit Knödeln und Rotkraut.

Weitere Informationen: Kontakt unter Telefon 01522/8 79 20 17