Kulturwissenschaftlerin Sabine Dietzig-Schicht informierte über die Arbeit der heutigen Biobauern im Kontext der Verband-Vorgaben. Foto: Störr

Sabine Dietzig-Schicht referiert im Freilichtmuseum über Arbeit der heutigen Landwirte.

Gutach - Die Arbeit der den den Untrer Bio-Bauern und die Entwicklung der Schwarzwälder Landwirtschaft zwischen Tradition und Moderne hat Kulturwissenschaftlerin Sabine Dietzig-Schicht bei der Heuboden-Akademie thematisiert. Dabei stellte sie auch drei Bioverbände vor.

Dafür hatte Dietzig-Schicht insgesamt 16 Bio-Höfe im Naturpark Südschwarzwald besucht und sich eingehend mit deren Bewirtschaftungsverhältnissen auseinandergesetzt. Am Anfang stand ein Blick in die Geschichte der Landwirtschaft, die sich Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Einzug der Chemie und Naturwissenschaften grundlegend änderte. "Seit dem 20. Jahrhundert stehen wirtschaftliche Belange im Vordergrund", erklärte die Kulturwissenschaftlerin.

Für die Landwirtschaft im Schwarzwald sah die EWG keine Zukunft

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sei von Landflucht, schlechten Arbeitsbedingungen, einer einsetzenden Mechanisierungswelle, Pestizidrückständen und Stickstoffdünger geprägt gewesen. "Seit den 1960er-Jahren gibt es eine Spezialisierung in Teilbereiche der Landwirtschaft", führte Dietzig-Schicht aus.

1968 sei von EWG-Agrarkommissar Sicco Mansholt gar der Untergang der Landwirtschaft im Schwarzwald bis zum Jahr 2000 vorausgesagt worden. Die Bundes- und Landesregierung habe daraufhin Förderprogramme aufgelegt, die Öko-Landwirtschaft sei als Alternative entwickelt worden. Denn die Agrarpolitik in den 1950er-Jahren habe die intensive Landwirtschaft gefördert, der so geforderte Strukturwandel des "Wachsen oder Weichen" habe in den 1980er-Jahren zu sogenannten "Milchseen" und "Butterbergen" geführt.

Anhand der drei großen Bioverbände Demeter, Bioland und Naturland erklärte sie dann die Entstehung und Entwicklung der Öko-Bewegung. Der anthroposophisch ausgerichtete Demeter-Verband habe sie wissenschaftlich am meisten beansprucht, die Ursprünge würden auf Rudolf Steiner und seine Weltanschauung zurückgehen. Den zentralen Unterschied zu den beiden anderen Verbänden sah sie in speziellen Präparaten, die beim biologisch-dynamischen Anbau verwendet würden.

Öko-Bewegung setzt unter anderem auf artgerechte Haltung

Bioland habe unter anderen sieben Prinzipien für die Landwirtschaft der Zukunft entwickelt, die aber stellvertretend für alle Bio-Verbände stehen würden. So gehe es um eine Kreislauf-Bewirtschaftung, den Verzicht auf chemisch-synthetische Stickstoff- und Düngemittel, die natürliche Förderung der Bodenfruchtbarkeit, eine artgerechte Tierhaltung, die Erzeugung wertvoller Lebensmittel, die Förderung der biologischen Vielfalt und die Sicherung einer lebenswerten Zukunft für den Menschen.

Naturland sei der jüngste Verband und zeichne sich durch die starke Tendenz zur Vermarktung aus. "Dort wird die Tradition mit der Moderne und die Erfahrung mit dem Mut zu Neuem verbunden", erklärte die Referentin. Während ihrer Recherche habe sich herausgestellt, dass sich für die Landwirte immer die Frage nach der Umsetzung aller Vorgaben ihres Verbands stelle. Mit der Vorstellung der EU-Biokriterien und kurzen Lesungen aus ihrer Dissertationsschrift zeichnete Sabine Dietzig-Schicht ein lebendiges Bild vom spannenden Verhältnis zur konventionellen Landwirtschaft, "das von Achtung spricht und von Verständnis".

Die EU-Biokriterien mündeten in der Verordnung über den ökologischen Landbau und die Kennzeichnung von Erzeugnissen. Sie ermöglichen seit 1991 eine ökologische Landwirtschaft ohne Verbandszugehörigkeit. Gegenüber den Verbänden gibt es gewisse Lockerungen bei den Zusatzstoffen, dem Einsatz von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pestiziden. Außerdem gelten in der Tierhaltung und deren Behandlung im Krankheitsfall lockerere Bestimmungen.