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Bürgermeister im Gespräch mit dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Andreas Stoch.

Gutach - Zu einem Mittagsgespräch mit dem Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, Andreas Stoch, haben sich am Montag Bürgermeister und Fraktionsvorsitzende im Bürgersaal des Gutacher Rathauses getroffen. Initiiert hatte den Gedankenaustausch die Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle.

Die Spitze der SPD-Landtagsfraktion hatte die Bürgermeister und Fraktionsvorsitzenden aus dem Kinzigtal zu einem Gedankenaustausch eingeladen und überraschend viele waren der Einladung gefolgt. Schließlich standen bei dem Mittagsgespräch Reizthemen wie kommunale Finanzen, Breitbandausbau, Schulentwicklung, Wohnungsbau und Tourismus auf der Agenda.

Missverhältnis der Bilanz

Große Einigkeit auf Seiten der Kinzigtäler Bürgermeister herrschte beim Thema Kommunalfinanzen. "Bei überschaubaren Einnahmen laufen uns die Ausgaben davon", beklagte Wolfachs Bürgermeister Thomas Geppert. "Mit den Haushaltseinnahmen allein lassen sich gerade in einer Flächengemeinde die Aufgaben nicht zu schaffen". Als Beispiele für kostenintensive Bereiche nannte er Schulentwicklung und die Unterhaltung der kommunalen Infrastruktur. Stoch konnte sich in dieser Frage einen Seitenhieb auf die grün-schwarze Landesregierung nicht verkneifen, indem er die im neuen Haushalt vorgesehene Erhöhung der Vermögensentnahmen für Gemeinden zur Konsolidierung des Landeshaushaltes kritisierte. Angesichts der guten Einnahmensituation ("die sitzen auf einem Geldsack") wäre es sinnvoller gewesen, die Kommunen finanziell besser auszustatten und ihnen größere Spielräume zur Priorisierung wichtiger Projekte zu geben. "Das Verhalten der Landeregierung zeugt von wenig Respekt vor der kommunalen Selbstverantwortung", monierte er.

Schnelles Internet

Großes Kopfzerbrechen bereitet den Bürgermeistern auch die flächendeckende Versorgung der Haushalte mit dem schnellen Internet. Speziell in den Außenreichen übersteige diese die Finanzkraft der Städte und Gemeinden bei weitem. "Aus finanziellen Gründen ist es einfach nicht möglich, in den Außenbereichen 15 Häuser verteilt auf vier Kilometer an das Breitbandnetz anzuschließen", beschrieb Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind das Dilemma der unterschiedlichen Versorgung mit Internetanschluss innerhalb einer Kommune.

Für Hornbergs Bügermeister Siegfried Scheffold zählt der Breitbandausbau eindeutig zum Bereich der Grundversorgung. Er bezifferte die Gesamtkosten für seine Stadt auf etwa zehn Millionen Euro. Als Finanzierungsquelle brachte er die Erhebung von Beiträgen für den Breitbandanschluss – ähnlich wie bei der Strom- oder Wasserversorgung – ins Gespräch. Dazu brauche man jedoch rechtliche Instrumentarien. Stoch konnte dieser Idee durchaus Positives abgewinnen, würden dadurch doch alle Nutzer gleich behandelt. Aus seiner Sicht müsse eine bundesweite Netzstrategie entwickelt und eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, "die Straße". "Wer dann darauf fährt und wie, ist dann eine andere Sache", so der ehemalige Kultusminister.

Beim Thema Tourismus bemängelte Hornbergs Bürgermeister Scheffold die unzureichende finanzielle Ausstattung der aufgelegten Förderprogramme sowie den damit verbundenen hohen bürokratischen Aufwand. Da sei oftmals das Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis "extrem ungünstig".

Ärztemangel droht

Noch nicht dramatisch, aber in einigen Gemeinden schon absehbar, ist der Mangel an Ärzten. Viele im Kinzigtal praktizierende Ärzte seien zwischen 60 und 65 Jahre, hörten daher bald auf, aber hätten noch keinen Nachfolger, beschrieb Hausachs Bürgermeister Manfred Wöhrle die derzeitige Situation vor Ort. Hier plädierten mehrere Gesprächsteilnehmer, darunter auch der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Gutacher Gemeinderat, Hans-Jürgen Schneider, dafür, mehr Ärzte als bisher auszubilden und bei der Zulassung zum Studium nicht nur auf den Notendurchschnitt zu schauen.

Familien aufs Land holen

Angerissen wurde bei dem gut einstündigen Gespräch auch das Thema bezahlbarer Wohnraum. Einig waren sich die Gesprächsteilnehmer darüber, dass in den letzten Jahren zu stark im hochpreisigen Segment investiert wurde. Scheffold regte an, den Zentralismus doch einmal umzukehren und Anreize dafür zu setzen, dass junge Familien sich für das Leben im ländlichen Raum entscheiden.