Ein Selfie besiegelt die Versöhnung der zwölf Brüder. Foto: Jehle

Adonia-Jugendchor liefert ergreifende Darbietung des Musicals "Josef" / Stoff aktualisiert

Die Bibel neu entdecken in Zeiten von Smartphone und Internet: Das schaffen die Adonia-Jugendchöre mit überwältigender Energie. Am Freitag begeisterte in Gutach einer davon mit dem packenden Musical "Josef".

Gutach. Um die Akteure aufgrund eines heftigen Platzregens trocken in die volle Festhalle zu lotsen, wurden mehr als zwei Dutzend Schirme aus dem Publikum gebraucht.

Die Botschaft, die die jungen Leute in frischer und authentischer Unmittelbarkeit überbrachten, war klar: Vergebung und Versöhnung sind der Schlüssel zur Lösung von scheinbar ausweglosen Konflikten.

Wenn auch die biblische Geschichte von dem von seinen eigenen Brüdern in die Sklaverei verkauften Josef vordergründig von gewaltigem Zoff in der Familie erzählt, kann das Handlungsgerüst durchaus über Generationen und Konfessionen hinweg als Metapher für menschliche Schwäche und Schuld schlechthin verstanden werden. Eifersucht, Neid und blanker Hass kommen nicht nur in Familien vor, sondern sind in Gesellschaft und Politik an der Tagesordnung.

Mit sparsamer Requisite, dramaturgisch in Choreografie und in Musikgenres dem jugendlichen Jargon angepasst, brachte der Chor die zeitlose Thematik auf die Gutacher Bühne. In Jeans und den aktuell unverzichtbaren Kapuzenshirts machten die Brüder ihrem Ärger Luft, dass Vater Jakob die "Schwachmaten Josef und Benjamin" bevorzuge und vor allem Josef der Liebling war. Doch hinter der saloppen Aussage verbarg sich auch die Frage des unbeachteten Kindes: "Warum liebt ihn Vater so viel mehr als mich?"

Der Auswerwählte zu sein, hat eine Kehrseite

Und dann hat Josef auch noch Träume, in denen er eindeutig die Führungsposition beansprucht. So verkaufen sie ihn in die Sklaverei und Josef kann noch froh sein, dass er lebend davon kommt. Sein Charisma und gutes Aussehen verhelfen ihm zu einer steilen Karriere in Ägypten bei Potiphar, Oberster der Leibwache des Pharao, der Josef gekauft hatte. Doch auch hier zeigt das Auserwähltsein eine Kehrseite, denn Potiphars Frau wirft ein Auge auf Josef. Er aber weist ihre Avancen energisch ab und wandert ins Gefängnis, nachdem er von der Verschmähten der Vergewaltigung bezichtigt wird.

Die radikalen Umbrüche in Josefs Leben lassen ihn auch als Mensch reifen. Sehr berührend ist die Gefängnis-Szene, in der der Protagonist fragt: "Wo bist du, mein Gott?" nach Dietrich Bonhoeffers Gedicht "Wer bin ich?", das dieser während seiner Gefangenschaft unter dem Nazi-Regime schrieb. "Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?" fragt sich auch Josef.

Seine Deutung des berühmten Pharao-Traums von den sieben mageren Kühen, die die fetten fressen, ermöglicht den erneuten Aufstieg Josefs. In den Hungerjahren kommen auch seine Brüder nach Ägypten, denn es ist bekannt,dass der Pharao in den guten Jahren Vorräte angelegt hatte. Als sich der vermeintlich tote Bruder zu erkennen gibt und sogar die große Schuld, die sie auf sich luden, als Plan Gottes erklärt, folgt die ergreifende Versöhnung – natürlich mit einem Selfie von allen.

Im Hintergrund hält der Chor große Tafeln in die Höhe, auf denen steht "Alles wird wieder gut" und fast könnte man es glauben angesichts der swingenden 70 Jugendlichen auf der Bühne.

Mit ermöglicht haben die tolle Vorführung zahlreiche Gutacher, die Kost und Logis für die jungen Leute zur Verfügung gestellt haben. Hermann Billharz hatte eingangs den vielen Unterstützern und Helfern ausdrücklich gedankt und seiner Freude, das Musical in Gutach zu haben, Ausdruck verliehen. Dem schloss sich Hausherr Bürgermeister Siegfried Eckert in seinem Willkommensgruß an und hatte den jugendlichen Chor mit einem Aphorismus von Richard Wagner begrüßt.

INFO

Adonia

Adonia ist ein Verein mit Sitz in Karlsruhe. Ein hauptamtliches Team koordiniert die Musicalfreizeiten und sucht und schult die mehr als 600 Ehrenamtlichen, die Freizeiten durchführen, heißt es auf der Internetseite des Vereins. Adonia ist ein freies Werk, das mit Landes- und Freikirchen zusammenarbeitet. Die Arbeit wird finanziert durch Teilnehmerbeiträge, Spenden und die Kollekten an den Konzerten.