Richard Kopf (links), Vorsitzender der Winzergenossenschaft Friesenheim und Herbert Agradetti, Kellermeister Ortenauer Weinkellerei begutachten die Trauben. Viele gibt es nicht. Der Frost im April wird wohl zu einer dezimierten Ausbeute führen. Foto: Bohnert-Seidel

Traubenmenge hat sich nach Frost im Frühjahr mehr als halbiert / Kunden könnten profitieren

Die Winzergenossenschaft Friesenheim hat ihre Mitglieder zur Rebbegehung auf der Eselshalde eingeladen. Das Fazit fällt ernüchternd aus. Der Frost im April wird wohl für eine sehr geringe Ernte im Herbst sorgen.

Friesenheim. Oben auf der Eselshalde, in der Anlage, die überwiegend Spätburgundertrauben trägt, sieht die Welt rosig aus. Pralle grüne Trauben versprechen jetzt schon einen recht guten Jahrgang. Fast scheint es als wäre der Frost hier überhaupt kein Thema gewesen. "Ja, das sieht sehr gut aus", kommentiert Herbert Agradetti, Kellermeister des Badischen Winzerkellers. "Aber das hier ist schon die Ausnahme", ergänzt Winzerchef Richard Kopf.

Eine Hanglage tiefer, ist in einem Weinberg so gut wie keine Traube zu finden. Den Weißburgunder hat es ganz schön erwischt. Wenn es hoch kommt, dürften die Winzer in diesem Jahr gerade einmal 40 bis 50 Prozent der herkömmlichen Traubenmenge einfahren. "Einfach zu wenig", so Agradetti. Festzustellen sei, dass vor allem ältere Rebstöcke unter dem Frost gelitten hätten. Wesentlich vitaler zeigten sich die jüngeren dreijährigen Stöcke.

Nicht nur dem Winzerkeller fehlt der Wein und damit der Umsatz. "Die Winzer müssen die Verluste über ihre Rücklagen kompensieren", weiß Kopf. Einige Winzer dürften höchstens mit 25 bis 30 Prozent Ausbeute rechnen. "Kaum vorzustellen, dass mit einem Einkommen von nur 30 Prozent ein Betrieb und die damit verbundene Familie auskommen muss", erklärt der Kellermeister. Einen Trost haben die Winzer. Die knapp 20 Prozent höheren Erträge aus dem vergangenen Jahr, dürften das Elend in der Bilanz nicht ganz so katastrophal ausweisen und tragen etwas zur Kompensation bei. Trotzdem geht es an die Substanz. "Und von der Politik ist nichts zu erwarten", sagt Kopf. "Große Töne und nichts dahinter."

Einnahmen sinken, Ausgaben nicht

Zu den Mindereinnahmen addieren sich in der Kostenstruktur trotzdem 100 Prozent Pflanzenschutz. Ganz gleich ob nur drei Trauben an einem Stock hängen. Ohne Pflanzenschutz geht es nicht. Pflanzenschutz von heute sei der Schutz von morgen und des nächsten Jahrgangs 2018. "Aber noch mal solch ein Desaster dürften nicht alle Betriebe überstehen", so Kopf. Glücklich sei wer über eine Frostschutzversicherung verfüge. 100 Prozent Deckelung seien dennoch auch dann nicht drin. Im Grunde kam die Frostschutzversicherung nach 30 Jahren erstmals zum Tragen. "Und im kommenden Jahr geht sie schon wieder um 35 Prozent nach oben", so Kopf. Ob sich dann die Ausgaben der vergangenen 30 Jahre gelohnt haben, bezweifelt Agradetti.

Vergleichsweise geringen Schaden verursachte der Hagel der vergangenen Wochen. Hageleinbrüche hätten auf der Eselshalde auch ihre Spuren hinterlassen, aber dies sei nur minimal. Vereinzelt zeigten Trauben bereits jetzt schon braune Stellen vom Hageldruck. Der Schaden wäre sicher wesentlich größer, wäre nicht der Hagelflieger geflogen, sind die Winzer sicher. Die beiden Winzergenossenschaften Friesenheim und Oberschopfheim sind dem Zusammenschluss, der Hagelflieger beauftragt, beigetreten. Daher seien diesmal statt riesiger Hagelkörner, dicke Regentropfen oder nur etliche kleinere Hagelkörner gefallen.

Stress in Sachen Pflanzenschutz, wie ihn im vergangenen Jahr die Pilzkrankheit Peronospora verursacht hatte, gab es bislang nicht. Wenn sich die Vegetation weiterhin so positiv zeige, dürfte bei diesem Jahrgang wieder der Verbraucher der Gewinner sein. Wenn nur 40 Prozent Trauben reifen, stehe wieder ein exquisiter Jahrgang bevor.

INFO

Frost wird zur Katastrophe

"Das war eine mittlere Katastrophe", sagte Rainer Moritz, Leiter des Amts für Landwirtschaft über die Frostnächte im April. Zuletzt habe es 1991 einen ähnlich schweren Frost gegeben. Das Problem seien nicht die Minusgrade, sondern die lang anhaltenden Kälteperioden während der Nacht gewesen: Aufgrund einer extremen Wetterkonstellation habe der Frost in mehreren Nächten zum Teil acht bis zehn Stunden angehalten. Man habe großräumig mit gravierenden Schäden unterschiedlichen Ausmaßes zu rechnen.