Die Stühle reichten nicht mehr aus im Sitzungssaal des Ortschaftrats von Oberschopfheim: Auch alle Bewohner des Pfarrhauses waren gekommen. Foto: Bohnert-Seidel

Oberschopfheimer bitten Gemeinde, das Pfarrhaus für die Anschlussunterbringung zu mieten

Der Ortschaftsrat Oberschopfheim tritt geschlossen dafür ein, dass die Gemeinde Friesenheim das Pfarrhaus für Flüchtlinge anmietet. Damit sprachen sich die Räte für Solidarität mit den 16 noch in Oberschopfheim verbliebenen Geflüchteten aus.

Oberschopfheim. Aus Fremden sind Freunde geworden. Und Freunde setzen sich füreinander ein. Die Entscheidung des Landratsamts, die vorübergehenden Unterbringung für Flüchtlinge im Pfarrhaus in Oberschopfheim zu kündigen, noch bevor der Vertrag am 1. Dezember ausläuft, wird in Oberschopfheim als "Ohrfeige an die Menschlichkeit" betrachtet, wie Ratsmitglied Uwe Benz betonte. Alle 16 verbliebenen Bewohner des Pfarrhauses waren am Montagabend zur Sitzung des Ortschaftsrats gekommen – und blieben bis zum Ende.

Ortsvorsteher Michael Jäckle zeigte sich resolut und zugleich bewegt angesichts des Umstands, dass "vorzügliche ehrenamtliche Arbeit zur Integration der neuen Bewohner jetzt über die Bürokratie mit Füßen getreten wird". Mittlerweile habe er den CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Weiß eingeschaltet, damit dieser mit Landrat Frank Scherer über die Sachlage spreche. Erzürnt zeigte sich Jäckle wegen einer angeblichen Äußerung aus dem Amt: "Wenn dann noch gesagt wird, man habe schon im Vorfeld gewusst, dass es sich nur um eine vorübergehende Unterbringung von Flüchtlingen im Pfarrhaus handle, hätte man sich mit denen nicht so beschäftigen müssen, weil ohnehin damit zu rechnen sei, dass ein Teil davon abgeschoben wird, verschlägt es mir die Sprache." Inwieweit die Gespräche mit dem Landrat gediehen sind, stehe noch aus, so Jäckle.

Ziel des Ortschaftsrats ist nun, dass die Gemeinde das Pfarrhaus ab dem 1. November anmietet. Die dort lebenden Menschen sollen weiterhin als Nachbarn und Freunde in der vertrauten Umgebung bleiben können, so der Wunsch der Räte. An den Gemeinderat ergeht jetzt einstimmig die Bitte, mit der Erzdiözese einen Mietvertrag für das Pfarrhaus unter Dach und Fach zu bringen. Pfarrer Steffen Jelic hatte bereits seine Zustimmung zugesichert. Folglich soll sich der Status des Pfarrhauses ändern, soll aus einer vorläufigen Unterbringung des Landratsamts eine Anschlussunterbringung der Gemeinde werden.

Martina Hamm vom Netzwerk Solidarität, die Jäckle als "erste Adresse für die neuen Bewohner im Ort" bezeichnete, berichtete bei der Sitzung, dass das Landratsamt beabsichtige, die Bewohner in der vorübergehenden Unterkunft am Bahnhof in Friesenheim unterzubringen. Somit entfalle die Arbeit für einen Hausmeister. "Die Tätigkeiten eines Hausmeisters würden in Oberschopfheim mit Sicherheit auch ein oder zwei Ehrenamtliche verrichten", so Ortsvorsteher Jäckle. Das Pfarrhaus in Oberschopfheim verschaffe den Bewohnern Stabilität und Sicherheit in einer unsicheren Situation, sagte auch Hamm.

Die Position des Ortschaftsrats und der Ehrenamtlichen ist damit klar. "Menschen lassen sich nicht hin und her schieben wie Zahlen auf dem Papier", so Hamm. Es gelte die Menschenwürde zu achten, "weshalb auch das Landratsamt mit sich reden lassen sollte", ergänzte sie. Das Haus in Friesenheim, abgelegen am Bahnhof, ohne Anschluss an den Ort, sei keine Alternative für jene Form von Integration, die in Oberschopfheim geleistet werde.