Durch den Sofortvollzugbescheid könnte zeitnah mit dem Bau der Windräder auf dem Nillkopf begonnen werden. Foto: Kluckert

Erneuerbare Energien: Landratsamt gibt dem Sofortvollzugsantrag des E-Werks Mittelbaden statt.

Fischerbach - Neue Entwicklungen gibt es zur beabsichtigten Windkraftnutzung auf dem Nillkopf: Dem vom E-Werk-Mittelbaden gestellten Antrag auf Sofortvollzug zum Bau zweier Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils drei Megawatt hat das Landratsamt stattgegeben.

Nach Angaben von Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter und Dezernent für Kommunales, Gewerbeaufsicht und Umwelt im Landratsamt bestehe für die sofortige Vollziehbarkeit sowohl ein öffentliches Interesse als auch ein überwiegendes Interesse der Antragsstellerin (siehe Info). Das Landratsamt hatte am 15. Dezember 2016 zwei Windkraftanlagen auf dem Nillkopf genehmigt, gegen deren Bau fünf Familien beziehungsweise Parteien Widerspruch eingelegt hatten. Da Widersprüche aufschiebende Wirkung entfalten, konnte die Inhaberin der Genehmigung, zum damaligen Zeitpunkt war es noch die Bürgerwindrad Nillkopf GmbH, davon zunächst keinen Gebrauch machen. Das hat sich mit der Sofortvollzugsentscheidung jetzt aber geändert: Mit dem Bau darf demnach unter Berücksichtigung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen sofort begonnen werden.

Widersprüche gelten weiter

Einen kleinen Haken hat die Sofortvollzugentscheidung allerdings für den erfolgreichen Antragsteller: Die Argumente der Widerspruchsführer wurden zwar nach Stoermers Angaben bei der Entscheidung berücksichtigt, sind damit aber keineswegs vom Tisch. "Werden sie nicht zurückgenommen, erfolgt eine Prüfung durch das Regierungspräsidium Freiburg, das gegebenenfalls den Weg für das Hauptsache-Verfahren und damit für den Rechtsweg öffnen kann", so der Erste Landesbeamte. Ebenfalls denkbar ist eine Überprüfung der Genehmigungsentscheidung des Landratsamts im Rahmen eines Eilverfahrens.

Geht es nach dem Willen des Sprechers der Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Fischerbach, Klaus Schmieder, würde mit den ersten Rodungsarbeiten zum Anlegen der Zufahrtswege zu den beiden vorgesehenen Standorten der Windräder im Spätsommer bei Umsetzung aller Auflagen und nach Ablauf der diesjährigen Brutsaison der Vögel begonnen werden mit dem Ziel, die Anlage bis zum Jahresende 2018 in Betrieb zu nehmen. Dem Zeitpunkt kommt eine entscheidende Bedeutung zu, denn nur Anlagen, die bis zum 31. Dezember des kommenden Jahres ans Netz gehen, haben Anspruch auf die im Erneuerbare-Energie-Gesetz (EEG) garantierte und auf 20 Jahre begrenzte feste Einspeisevergütung, die das Projekt finanziell attraktiv macht. Entsprechend erfreut über die Möglichkeit des Sofortvollzugs ist man daher natürlich beim Genehmigungsinhaber.

Wichtiger Meilenstein

"Das E-Werk Mittelbaden wertet den Sofortvollzugsbescheid als wichtigen Meilenstein in Richtung Realisierung des Projekts. Der Entscheid über die Widersprüche steht noch aus", hieß es auf Anfrage des Schwabo aus der Zentrale des Lahrer Energiekonzerns. Im Rahmen eines begrenzten Risikos wolle das E-Werk die Baumaßnahmen nun angehen und mit den Vorarbeiten schrittweise beginnen, um den Gesamtzeitplan einzuhalten. "Der Nillkopf bleibt ein wichtiger Standort für eine angemessene und ökologisch vertretbare Umgestaltung der Energieversorgung in der Region", legt der Konzern ein klares Bekenntnis zur Nutzung regenerativer Energien ab.

Das E-Werk Mittelbaden ist seit Ende Mai dieses Jahres Inhaber der für den Bau und Betrieb der Windräder notwendigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die das Landratsamt Ortenaukreis am 21. Dezember 2016 ursprünglich der Bürgerwindrad Nillkopf GmbH erteilt hatte, an der das E-Werk als Partner mit 25 Prozent beteiligt war.

Die Zeit drängt

Da aber – um im für die Sicherung der Zuschüsse wichtigem Zeitplan zu bleiben – im Frühjahr die Bestellung der beiden Windräder relalisiert werden musste, erfolgte Ende Mai auf einstimmigen Beschluss der BEG der Verkauf der Bürgerwindkraft Nillhöfe GmbH an das E-Werk Mittelbaden, das damit alleiniger Bauherr der Windräder ist. "Bei Gesamtkosten von rund neun Millionen Euro für die Windräder wären 30 Prozent der Kaufsumme bereits bei der Bestellung fällig gewesen. Ein Risiko, dass die BEG als Genossenschaft nicht übernehmen konnte, zumal die Genehmigung weiterhin noch nicht bestandskräftig ist, die Widersprüche also immer noch bestehen. Erfreulicherweise war unser Partner, mit dem uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verbindet, bereit, in Vorlage zu gehen", so Schmieder, der bis zum Verkauf als Geschaftsführer der Bürgerwind Nillhöfe GmbH fungierte.

"Die Rollen getauscht"

"Wir haben einfach die Rollen getauscht, denn bis zum Verkauf hat die BEG das Risikokapital zur Projektentwicklung zur Verfügung gestellt", so der Fischerbacher Gemeinderat.

"Mit der Übernahme des Projekts durch das E-Werk Mittelbaden ist die Bürgergenossenschaft von den nun auftretenden finanziellen Risiken entlastet", bewertet Götz die Situation. Eine kleine Kröte musste die BEG aber für den Deal schlucken: Der Anteil des E-Werks verdoppelte sich von 25 auf 50 Prozent der Anteile an den Windrädern. Der BEG wurde gleichzeitig vertraglich zugesichert, innerhalb von eineinhalb Jahren nach Inbetriebnahme der Windkraftanlagen zwischen vier Optionen wählen zu können: Bei der Kaufoption könnte man eine der beiden Anlagen zurückzukaufen, bei der Pachtoption die Erträge einer Anlage erhalten und bei der Umsatzoption einen noch nicht festgelegten prozentualen Anteil des erzielten Umsatzes bekommen. Als vierte Option besteht die Möglichkeit, sich für eine bereits festgelegte siebenstellige Abfindungssumme zu entscheiden. "Nach heutigem Stand würde ich die Kaufoption wählen", nennt Schmieder seinen persönlichen Favoriten.

Bezüglich der Widersprüche und einer gerichtlichen Auseinandersetzung gibt sich Schmieder gelassen: "Werden die Widersprüche abgelehnt und der Klageweg beschritten, liegt bei den Kosten der Streitwert zugrunde und das sind 12 Millionen Euro. Da überlegt man sich schon, eine Klage einzureichen." Einen Entzug der Genehmigung hält er für sehr unwahrscheinlich, da es seines Wissens nach so etwas in Deutschland im Bereich der Windkraft noch nie gegeben habe.

Weitere Informationen:

Das ist geplant: Projektiert und genehmigt ist auf dem Nillkopf ein Windpark mit zwei Windrädern mit einer Nabenhöhe von jeweils 149 Meter und einem Rotordurchmesser von jeweils 115,7 Meter. Die Nennleistung liegt pro Windrad bei drei Megawatt. Erwartet wird eine Stromproduktion von jährlich rund 20 Millionen Kilowattstunden. So lautet die Begründung: Das Landratsamt Ortenaukreis hat dem Antrag auf Sofortvollzug des E-Werk Mittelbaden mit Bescheid vom 28. Juni 2017 stattgegeben. Hier seine Begründung, die dem Schwabo auf Anfrage zugesandt wurde: Für die sofortige Vollziehbarkeit besteht sowohl ein öffentliches Interesse als auch ein überwiegendes Interesse der Antragstellerin. Für das öffentliche Interesse spricht der Zweck des Gesetzes für den Vorrang erneuerbarer Energie (EEG). Darüber hinaus dienen die zwei Windenergieanlagen auch dem Klimaschutz mit dem aus dem Klimaschutzgesetz BW verfolgten Zweck, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Das private Interesse der Antragstellerin wurde mit einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Schaden im Hinblick auf die bisher für das Projekt getätigten Aufwendungen und mit erheblichen Ertragsausfällen aufgrund des Rückgangs der EEG-Vergütung bei verzögerter Inbetriebnahme begründet. Das Interesse der Genehmigungsinhaberin an einer möglichst baldigen Verwirklichung der Anlagen überwog nach Auffassung des Landratsamtes den Belangen der Widerspruchsführer an der Aufrechterhaltung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche, so dass dem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 15. Dezember 2016 stattzugeben war.