Andreas Amman (links) und Matthias Becker beim stürmischen Start an der Nordsee Foto: privat

Andreas Amann und Matthias Becker nehmen an einem Rennen über 1321 Kilometer teil

1321 Kilometer in 19 Tagen: Die beiden Ultraläufer Andreas Amann aus Ettenheim und Matthias Becker aus dem Schuttertal stellten sich beim Deutschlandlauf der Herausforderung von Sylt bis zur Zugspitze zu laufen.

Ettenheim (red/jg). Kennengelernt haben sich die beiden Athleten bei der Bundeswehr. "Zu diesem Zeitpunkt hatten wir beide mit Laufen nicht viel am Hut. Erst Jahre später trafen wir uns wieder bei einem Volkslauf – und danach immer wieder bei Laufveranstaltungen. Absoluter Höhepunkt war für uns die Teilnahme am Deutschlandlauf", erzählen die beiden. Der Ettenheimer Amann schaffte den Deutschlandlauf bereits dreimal, der Schuttertäler Becker konnte diesen Extremlauf schon zweimal erfolgreich beenden.

Als der Deutschlandlauf 2017, nach sieben Jahren Pause, erstmals wieder stattfinden sollte, war die Aufregung in der Ultralaufszene groß, berichtet Amann. Zumal sich die bisherige Strecke geändert hatte: Von Sylt ging es über die Rheinschiene an die Zugspitze. So startete das internationale Teilnehmerfeld bei stürmischem und regnerischem Wetter direkt an der Nordsee. Für die 61 Läufer war diese Etappe mit 60 Kilometer noch quasi ein Warmlaufen. Danach folgten die längsten Tagesetappen des gesamten Laufs. Bereits nach drei Tagen schieden Teilnehmer verletzt aus. "Nicht nur die Länge der Etappe machte uns zu schaffen, sondern auch die für Läufer eher monotone Landschaft Norddeutschlands. Dazu kamen immer wieder heftige Winde und starker Regen. Matthias und ich waren teilweise 13 Stunden auf der Strecke. Da blieb kaum Zeit zur Regeneration, da am nächsten Tag schon wieder um 5 oder 6 Uhr gestartet wurde", erzählt Amann.

Einig waren sich alle Läufer, dass nach der zehnten Etappe die Wahrscheinlichkeit die Zugspitze zu erreichen, erheblich steigt. Kürzere Etappen, abwechslungsreichere Landschaften, die Berge vor Augen – alles Bilder, mit denen sich die Läufer Tag für Tag neu motivieren sollten.

Für Amann sollte sich dieser Traum jedoch nicht erfüllen: "Bei der neunten Etappe bekam ich Probleme mit meinem rechten Fuß. Die zehnte Etappe beendete ich mehr humpelnd als laufend, aber noch im Zeitlimit. Am nächsten Morgen war der Fuß dann so dick geschwollen, dass an ein Weiterlaufen nicht mehr zu denken war. Ich konnte nur noch ganz kleine Schritte machen und war froh überhaupt noch einigermaßen gehen zu können. Somit war das Rennen für mich gelaufen."

Amanns Achillessehne riss und Becker hatte mit Magenproblemen zu kämpfen

Doch der größte Schreck sollte ihn erst einen Tag später treffen. Beim Treppengehen gab es einen lauten Knall und dazu einen stechenden Schmerz. "Für mich war sofort klar, dass die Achillessehne gerissen ist", erzählt Amann. Für ihn die erste Laufverletzung in seiner langen Laufkarriere. Viel Zeit zum Nachdenken blieb jedoch nicht. Es galt die Heimreise zu organisieren, dann folgten Untersuchungen und Operation. "Den Rest des Deutschlandlaufes musste ich im Internet verfolgen", blickt Amann wehmütig zurück.

Für Becker ging das Rennen zunächst planmäßig weiter. Die Strecke führte entlang am Rhein, dann weiter über die Alb ins Allgäu, wo die Läufer für die vielen eher monotonen Etappen zuvor entschädigt wurden. Dazu kam noch, dass ab der 16. Etappe die Familie von Becker dabei war.

Doch auf der vorletzten Etappe machten dem Schutterwälder starke Magen- und Darmprobleme bei großer Hitze zu schaffen, das Laufen wurde so gut wie unmöglich. "Bei Kilometer 20 war ich kurz davor das Rennen zu beenden. Doch dann kam mein elfjähriger Sohn Raphael und begleitete mich über acht Kilometer bis zum nächsten Versorgungspunkt. Nach mehr als zwölf Stunden kam ich in Garmisch-Partenkirchen ins Etappenziel", blickt Becker auf diese für ihn schwerste Etappe zurück.

Für die Schlussetappe wurde das Ziel aus Sicherheitsgründen auf Sonnalpin, kurz unterhalb der Zugspitze festgelegt. Becker startete um 5 Uhr und sollte um 13.30 Uhr das Ziel erreichen. Insgesamt erreichten von den 61 gestarteten Ultraläufern 41 das Ziel.

Am Abend fand dann noch eine stimmungsvolle und emotionale Siegerehrung statt. Allen Läufern und Helfern merkte man die Erleichterung an, dieses Unternehmen erfolgreich zu Ende gebracht zu haben. 19 Tage unter extremer physischer und psychischer Belastung, Übernachtungen in Sporthallen auf der Isomatte, extreme Witterungen – all das hat Spuren hinterlassen, berichtet Becker.

Für Amann ist das Laufjahr erst einmal abgeschlossen: "Ich werde mir genügend Zeit lassen, die Verletzung auszukurieren." Auch Becker wird sich viel Zeit lassen, um seinem Körper die nötige Zeit der Regernation zu geben und will sich nun erst einmal um seine Familie kümmern. Eines steht für die beiden jedoch fest: Irgendwann wird man sich bei einem Laufevent wieder sehen.

INFO

Deutschlandlauf

Der Deutschlandlauf ist ein Ultramarathon, in dessen Verlauf ganz Deutschland durchquert wird. Der erste Lauf dieser Art fand 1998 statt, danach wurde der Ultramarathon in unregelmäßigen Abständen immer wieder veranstaltet. Führten die bisherigen Deutschlandläufe von Kap Arcona (Insel Rügen) nach Lörrach, wählte der Veranstalter 2017 eine neue Strecke. Der Start war auf Sylt, dann ging es mit einem Knick nach Westen über die Rheinschiene, um dann über Baden-Württemberg und Bayern nach 19 Etappen ohne Ruhetag auf der Zugspitze zu enden. Hierbei waren Etappen mit teilweise über 90 Kilometer zu bewältigen. Der nächste Lauf ist vom 18. August bis 5. September 2019 geplant.