Nicht nur den Kindern, sondern auch den Scouts macht die spielerische Vermittlung der Sprache Spaß. Symbolfoto: Netzer Foto: Lahrer Zeitung

Oberstufenschüler helfen Kindern von Zuwanderern beim Deutsch lernen / Spielerisch zum Erfolg

Um Erfolg in Schule und Beruf haben zu können, ist es wichtig, die Landessprache zu sprechen. Damit Kinder von Zuwandererfamilien leichter Deutsch lernen, hat der Rotary-Club das Sprachscout-Projekt ins Leben gerufen.

Ettenheim. Ziel des Projekts ist es, Kindergarten- und Grundschulkindern spielerisch die deutsche Sprache zu vermitteln. Dafür setzt der Rotary-Club in Lahr und Ettenheim Sprachscouts ein. Diese sind Oberstufenschüler ab der zehnten Klasse, die sich mit den vier- bis zehnjährigen Kindern einmal in der Woche beschäftigen und gezielt mit ihnen Deutsch sprechen. Das Besondere: Die Scouts kommen in die Familien der Kinder. "So gelingt es uns, ein Stück der Kultur Deutschlands zu den Zuwanderern nach Hause zu bringen", erklärt Helmut Nitschke vom Rotary-Club, der das Projekt in Ettenheim organisiert. "Durch die Kinder tragen wir die Wichtigkeit des Sprachelernens in die Familien hinein und machen sie auch den Eltern begreiflich. Denn ohne die Sprache des Landes zu sprechen, in dem man lebt, kann man nur schwer am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Deshalb ist gerade die Sprache ein wichtiger Baustein zur Integration."

Unter dem Motto "Sprache verbindet" war deshalb vor zweieinhalb Jahren die Idee für das Sprachscout-Projekt entstanden. Dieses hatte der Rotary-Club in Ettenheim und Lahr gleichzeitig gestartet.

Wie auch in anderen Bereichen bürgerschaftlichen Engagements zeichnet die Stadt Ettenheim den Einsatz der Jugendlichen mit einem Zertifikat aus, was si ch bei der Bewerbung um einen Studien- oder Ausbildungsplatz positiv auswirken könnte. Auch finanziell springt sie ein, falls nötig. Denn für ihren einstündigen Besuch bekommen die Sprachscouts acht Euro. Die Hälfte davon zahlt der Rotary-Club als Zuschuss, die andere Hälfte zahlen die Eltern. "Falls es für Eltern aber eine unzumutbare Belastung ist, die vier Euro pro Stunde zu zahlen, tragen wir nochmals einen Anteil von zwei Euro, bevor ein Team nicht zustande kommt", sagt Heike Schillinger von der Stadtverwaltung.

Elke Breig, Erzieherin im katholischen Kindergarten Ettenheim, ist vom Sprachscout-Konzept überzeugt: "Wir hatten ein Mädchen, das zwar sehr gut Deutsch sprach, sich aber nicht traute, in größeren Gruppen zu sprechen. Weil ihm durch das Projekt Deutsch als Sprache auch daheim, in seinem gewohnten Umfeld, vertraut wurde, hat es sich gestärkt gefühlt und wurde offener." Es entstehe einfach eine andere Verknüpfung zu einer Sprache, wenn sie auch daheim gesprochen und so die Neugierde geweckt werde, ist Breig überzeugt.

Den Kindern beim Sprache lernen zu helfen, kann den Scouts sehr viel Freude bereiten, auch wenn es gelegentlich zu Startschwierigkeiten kommen kann. "Vor allem islamische Familien sind zu Beginn meist skeptisch und begegnen uns zunächst reserviert. Oft sorgt es auch für Bedenken, wenn ein Junge von einem weiblichen Scout unterrichtet wird. Doch nach den ersten Erfolgen werden die Scouts sehr freundlich empfangen und sehr wertgeschätzt", weiß Nitschke.

Um die Jugendlichen beim ersten Treffen nicht alleine zu lassen, wird jedem ein Pate zur Verfügung gestellt, der ihn die ersten Male begleitet und auch sonst bei Fragen oder Anliegen zur Seite steht. Zudem werden Interessierte in einer Schulung, die jeweils drei Stunden an zwei Nachmittagen umfasst, auf ihren Einsatz vorbereitet. Nitschke selbst ist Pate von vier Scouts. Gerade dieses Einfühlen in den anderen Kulturkreis macht für ihn den Reiz der Arbeit aus. "Die Jugendlichen lernen sehr viel für sich selbst. Und es macht Spaß, den eigenen Kulturkreis besser kennenzulernen und sich auf einen fremden einzulassen."

Eine Erfahrung, die auch die 18-jährige Melanie Abreder während ihrer anderthalb Jahre als Scout gemacht hat: "Besonders in meiner zweiten Familie hat man mich sofort herzlich aufgenommen. Ich habe mich von Anfang an willkommen gefühlt. Zwischen meiner Schülerin und mir ist sogar eine Freundschaft entstanden. Wenn die Wellenlänge stimmt, bereitet die Arbeit viel Freude. Es war toll zu sehen, wie meine Schülerin dazulernt, sich entwickelt und immer besser wird", schildert sie begeistert. Neuen Scouts empfiehlt sie, einfach offen in die Familien zu gehen, aufgeschlossen zu sein und sich darauf zu freuen, etwas mit dem Kind zu unternehmen. Zudem war es ihr wichtig, die Stunden abwechslungsreich zu gestalten. So habe sie bewusst zwischen Tagen unterschieden, an denen sie auf schulische Dinge eingegangen ist, und denen, bei denen Spielerisches wie das Erkunden der Natur oder Basteln im Vordergrund stand.

Helfer für mindestens acht weitere Kinder gesucht

Insgesamt 28 Scouts sind in Ettenheim und Umgebung im Einsatz, die 28 Kinder betreuen. Doch da noch acht weitere Kinder auf der Warteliste stehen und einige Scouts wegen ihrer schulischen Verpflichtungen aufhören, braucht das Projekt dringend Nachwuchs. Auch Melanie Abreder musste ihre Tätigkeit wegen der Vorbereitung aufs Abitur niederlegen. Die Entscheidung, am Projekt teilzunehmen, hat sie aber keinesfalls bereut: "Es ist eine Arbeit, die viel Spaß macht", schwärmt sie.

INFO

Schulungstermine und Kontaktdaten

> Die nächste Schulung für zukünftige Scouts findet an den Dienstagen 24. und 31. Januar in Lahr statt.

> Interessierte Oberschüler für den Raum Ettenheim können sich bei Helmut Nitschke unter Telefon 07822/44 89 09 oder per E-Mail an helmut-nitschke@t-online melden. Auch Heike Schillinger im Rathaus nimmt unter Telefon 07822/432102 Anfragen entgegen.

> Für Interessierte aus dem Raum Lahr steht Gerd Möllmann unter Telefon 07821/ 90 97 00 oder per E-Mail an gerd@möllmann.ws zur Verfügung.