Zankapfel Neubergstraße: Entscheidet sich der Ettenheimer Gemeinderat für eine Enteignung, drohen viele Jahre mit juristischen Auseinandersetzungen. Foto: Decoux-Kone

Verwaltung will Enderschließung weiterverfolgen / Anwohner müssten Grundstücke abgeben

Dem langen Zwist zwischen Stadt und Anwohnern um den Endausbau der Neubergstraße in Ettenheimmünster könnten viele weitere Kapital hinzugefügt werden: Die Verwaltung will die Maßnahme weiterverfolgen – und nötigenfalls enteignen.

Ettenheimmünster. Um die vertrackte Sachlage zu verstehen, muss man fast 50 Jahre zurückgehen, genau gesagt ins Jahr 1968. Damals wurde für das Wohnquartier ein Bebauungsplan aufgestellt, der unter anderem eine Straßenbreite von sechs bis sieben Meter vorsah. Weil aber schnell gebaut werden sollte, begnügte man sich der Einfachheit halber damit, die notwendigen Leitungen zu verlegen und einen vorhandenen Feldweg zu asphaltieren. Aus der Übergangslösung wurde eine dauerhafte – mit der Folge, dass die Neubergstraße heute zwischen vier und knapp fünf Meter breit ist.

Die Anwohner stört das wenig. Im Gegenteil. Sie hegen nach eigenem Bekunden keinen Wunsch nach Veränderung. Der Grund dürfte auf der Hand liegen: Wird die Neubergstraße ausgebaut, müssen sie nach geltendem Recht die Zeche zahlen. Das sorgt für Kümmernisse. Aktuell mehr denn je. Denn der Ortschaftsrat pocht seit Jahren auf die Enderschließung – und bekräftigte dies bei seiner jüngsten Sitzung mit Vehemenz (wir berichteten). Die Stadtverwaltung folgt der Empfehlung: Geht es nach ihr, beschließt der Gemeinderat bei seiner Sitzung am kommenden Dienstag (ab 19 Uhr im Palais Rohan), die Straßenbaumaßnahme weiterzuverfolgen – und eine Enteignung einzuleiten.

Warum in dem Fall die Ultima Ratio des Baurechts nötig werden könnte, hängt mit den Eigentumsverhältnissen in der Neubergstraße zusammen. Denn sie verläuft zu einem nicht unwesentlichen Teil über Privatgrund. Um die Erschließung den Anwohnern in Rechnung zu stellen, müsste die Straße aber komplett der Stadt gehören. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz: Die Anwohner müssten erst ihre Flächen verkaufen, um sich danach für die Straßenbauarbeiten zur Kasse bitten zu lassen. Es überrascht also nicht, dass auch nach vielen Gesprächen keine Einigung zwischen Verwaltung und Neubergstraßen-Bewohner erzielt wurde.

Auch die Tatsache, dass man in den Rathäusern schon vor einiger Zeit anklingen ließ, mit einer abgespeckten Erschließungsvariante leben zu können, vermag die Anwohner nicht von ihrer Verweigerungshaltung abzubringen. Laut Markus Schoor vom Ettenheimer Bauamt "will schon lange niemand mehr eine sechs Meter breite Straße". Es gehe in der Hauptsache darum, einen Unterbau zu schaffen, einen Randstein sowie ein Entwässerungssystem zu installieren. Dazu würde es eines neuen Bebauungsplans bedürfen.

Eine Lösung, die aber keineswegs alternativlos ist, wie Schoor betont: "Es ist durchaus möglich, alles so zu belassen, wie es ist, und die Straße lediglich so instandzusetzen, dass wir unsere Verkehrssicherungspflicht erfüllen." Die Rechtslage gebe das her. Die Anwohner wären damit aus dem Schneider, die Kosten für diese Arbeiten würde die Stadt tragen.

Ein heißes Eisen also, das das Gremium da zu schmieden hat. Denn: Die Reichweite des Beschlusses ist groß. So heißt es in der Sitzungsvorlage: "In beiden Fällen trifft der Gemeinderat eine Präzedenzentscheidung, die sich auf gleich gelagerte Fälle auswirkt."

INFO

Pro und Contra zur Enteignung

Die Stadtverwaltung ist sich bewusst, dass der Schlag mit der Keule der Enteignung gewaltige Auswirkungen haben kann. Deshalb listet sie dem Gemeinderat die Vor- und Nachteile auf.

Gegen eine Enteignung sprechen folgende Punkte:

– mögliche jahrelange Prozesse im Bebauungsplan- und Enteignungsverfahren

– Unfriede und Unzufriedenheit im Ortsteil und darüber hinaus über Jahre hinweg

– Kosten für die Aufstellung des Bebauungsplans und der Rechtsberatung

Für eine Enteignung sprechen folgende Punkte:

– Herstellung verkehrstechnisch rechtmäßiger Zustände

– Gleichbehandlung aller Eigentümer erschließungsbeitragspflichtiger Grundstücke

– geringere laufende Straßeninstandhaltungskosten