Hans Joachim Gorny mit seinem Roman Foto: Schabel

Buchveröffentlichung: Hans Joachim Gorny aus Ettenheim als Autor / Reizvolle Beobachtungen

Ettenheim. Hans Joachim Gorny ist gelernter Maler, Biotoppfleger des Naturschutzbunds und ein ausgezeichneter Fotograf, der Flora und Fauna rund um seine Geburtsstadt Ettenheim festhält. Nun hat der 59-Jährige auch einen Roman geschrieben – Titel: "Die Post-mortem-Karriere des Rufus Abbas".

Ein weiterer Möchtegernschriftsteller, dessen literarische Ergüsse die Welt nicht braucht? Nein, weit gefehlt. Gorny hat ein kluges, vielschichtiges Buch verfasst, das der Schreiber dieser Zeilen nicht mehr aus der Hand gelegt hat, nachdem er erst einmal mit dem Lesen begonnen hatte. Dabei ist es mit 366 Seiten kein schmales Werk.

Worum geht’s? Die Handlung beginnt wie ein Krimi – mit der Geiselnahme eines Bankdirektors, an deren Ende zwei Menschen ihr Leben verlieren und die Polizei sich mit einem unerklärlichen Vorfall konfrontiert sieht. Nach diesem Prolog wird das Buch zum Entwicklungsroman, der das Leben der Titelfigur erzählt. Auf den letzten 110 Seiten schildert Gorny dann eine literarische Utopie – die Welt, wie sie mehrere Hundert Jahre nach dem Tod von Rufus Abbas aussieht.

Den größten Part nimmt die Beschreibung von Rufus’ Leben ein, das der Autor in Lahr angesiedelt hat. "Die Stadt hat sich in ihrer jüngeren Geschichte immer wieder gewandelt, erst kamen die Franzosen, dann die Kanadier, schließlich die Russlanddeutschen. Diese stetige Veränderung passt zur Hauptfigur", sagte Gorny im Redaktionsgespräch bei der "Lahrer Zeitung". Die entsprechende Passage im Buch lautet: "Seit Rufus, 1960 geboren, auf der Welt war, hat Lahr Erstaunliches mitgemacht und mehrfach sein Gesicht verändert. Die Stadt wurde hauptsächlich von Fremden geprägt."

Gornys Buch ist aber kein Schlüsselroman, es gibt keine Bezüge zu lebenden oder verstorbenen Personen, bis auf, nun ja, den Autor selbst, der sicher Selbsterlebtes in Rufus’ Biografie hat einfließen lassen. Für den Leser ist es reizvoll, der Entwicklung der Titelfigur zu folgen, da man dazu angeregt wird, über das eigene Leben nachzudenken – erst recht, wenn es sich ebenfalls hauptsächlich in Lahr abgespielt hat.

Dieser Rufus ist offensichtlich etwas Besonderes. Ohne großen Ehrgeiz, aber ein sehr guter Schüler. Als Jugendlicher ist er beliebt, hat aber keine Freunde, sieht gut aus, macht aber keine Erfahrungen mit Mädchen – bis eine gewisse Franziska sich auf einer Party ein Herz fasst und ihn küsst. Später folgen weitere Freundinnen und Lebensabschnittsgefährtinnen – Stefanie, Cindy, Grete und Sonja, wobei die Schilderung der Frauenfiguren Gorny besonders gut gelungen ist.

Das Buch überzeugt durch lebensnahe Beobachtungen, einen ausgereiften Sprachstil und einen feinen Sinn für Humor ("Und danach kam der Horror für jedes Liebespaar, Rufus musste zur Bundeswehr"). Der Leser erlebt Rufus unter anderem als Fußballer, Rocker, Student der Fachhochschule für Verwaltung in Kehl, als Mitglied einer WG, Mitarbeiter auf dem Bauamt der Stadt Lahr, bei einer Safari in Afrika und schließlich als Gründer eines Jugendclubs.

Die Titelfigur verändert sich, ihr Äußeres entspricht zunehmend dem Bild, das sich viele Menschen von Jesus Christus machen. Als Rufus eine neue Richtung einschlagen und sich verstärkt im Naturschutz engagieren will, wird sein Leben mit 53 Jahren gewaltsam beendet.

Der zweite, kürzere Buchteil schildert Rufus’ zweites Leben, wobei man das aber nicht wörtlich nehmen darf – tatsächlich geht es um das von ihm (ungewollt) hinterlassene geistige Erbe und was die Nachwelt daraus macht.

Fazit: Gornys Roman ist vollauf gelungen und eine ebenso unterhaltsame wie anregende Lektüre.